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Karrierefrage: Soll ich den Chef jetzt duzen?

Auf unserer Weihnachtsfeier ging es sehr lustig zu und es wurde viel Alkohol getrunken. Gegen Ende waren nur noch mein Abteilungsleiter, unser Geschäftsführer und ich übrig. Plötzlich waren der Geschäftsführer und ich beim Du. Nüchtern betrachtet bin ich mir aber nicht sicher, ob ich dabei bleiben will. Vor allem weiß ich gar nicht, ob er sich daran überhaupt erinnert. Wie soll ich ihm jetzt gegenübertreten?

Seien Sie versichert, so wie Ihnen ergeht es vielen. Die Stimmung auf der Weihnachtsfeier ist gelöst, alle sind ausgelassen, vielleicht leicht alkoholisiert und plötzlich hegt jeder mit jedem einen geradezu freundschaftlichen Umgang. Das ist einerseits eine schöne Sache, denn solche Feste sind eine gute Gelegenheit, die Kollegen und Chefs von einer anderen Seite kennenzulernen. Manche Freundschaft wurde schon auf einer Weihnachtsfeier besiegelt. Doch mindestens ebenso viele sind nur von kurzer Dauer.

Über Ihre Feierlaune hinweg dürfen Sie nämlich eines nicht vergessen: Es handelt sich immer noch um einen beruflichen Anlass! Sie bewegen sich hier unter Kollegen, mit denen Sie am nächsten Tag wieder zusammenarbeiten müssen, von denen Sie Aufgaben bekommen oder denen Sie welche erteilen. Deshalb sollten Sie sich bei diesem vermeintlich ungezwungenen Zusammentreffen entsprechend verhalten.

Grundsätzlich spricht nichts dagegen, dass Sie sich mit Ihrem Chef duzen, vor allem, wenn zwischen Ihnen schon länger eine Grundsympathie besteht. In vielen Branchen ist das Duzen über alle Hierarchien hinweg üblich. Das bietet sicher Vorteile. Duzen fühlt sich privater und familiärer an. Die Distanz wird kleiner.

Die wichtigste Regel dabei ist, dass der Hierarchiehöhere das Angebot zum Duzen macht. Dennoch ist in Ihrem Fall Vorsicht geboten. Ihr Chef hat diese Entscheidung vielleicht nur aus einer Feierlaune heraus getroffen. Nehmen Sie deshalb beim nächsten Treffen zunächst eine abwartende Haltung ein. Bleibt Ihr Chef beim Duzen oder siezt er Sie wieder?

Sind Sie gezwungen, ihn zuerst anzusprechen, sollten Sie ihn mit „Sie“ anreden. Dann kann er immer noch freundlich protestieren – erspart Ihnen aber den peinlichen Moment einer Klärung, falls er sich nicht daran erinnert.

Und noch eine Warnung: Halten Sie sich bei beruflichen Anlässen mit dem Alkohol zurück, denn am Morgen danach gab es schon für so manchen ein böses Erwachen, gepaart mit Unsicherheiten: Habe ich zu viel über den Chef gelästert, jemanden versehentlich beleidigt oder mich ansonsten daneben benommen? Eine Weihnachtsfeier kann so schnell den Ruf schädigen – und zur Stolperfalle für die Karriere werden. Foto: Promo

– Haben Sie auch eine Frage? Dann schreiben Sie uns: E-Mail: Redaktion.Beruf@tagesspiegel.de

Jürgen Hesse

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