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Karrierefrage: Wie wehre ich mich gegen Lügen

Der Karriereberater und Psychologe Jürgen Hesse erklärt, was man gegen Mobbing tun kann

Ich arbeite als Pfleger in einem Altenheim. Die Arbeit macht mir eigentlich Spaß, auch wenn sie anstrengt. Doch seit eine Kollegin vor ein paar Wochen begonnen hat, mich zu mobben, wird der Tag für mich oft zur Qual. Immer wieder schwärzt sie mich bei der Chefin an. So sagt sie mir nach, dass ich vergesse, Sondennahrung zu verabreichen und Urkunden fälsche, indem ich das Anschließen der Flaschen erst nachträglich in den Dokumentationsbogen eintrage. Doch das ist gelogen. Schon zweimal musste ich mich bei meiner Chefin erklären. Die steht zwar noch hinter mir, aber ich werde immer unsicherer und habe Angst, jetzt tatsächlich Fehler zu machen. Was kann ich tun?

Was Sie beschreiben, ist kein Einzelschicksal. Viele Berufstätige erleben täglich Schikanen, Demütigungen und Diskriminierungen durch Chefs oder Kollegen, die sich über Wochen, Monate oder gar Jahre hinziehen können. Gemobbt wird in allen Etagen, quer durch alle Berufe und Schichten. Fast jeder Dritte macht das in seinem Berufsleben durch.

Auch Ihre Angst vor tatsächlichen Fehlern ist nicht unbegründet. Denn Mobbing dient dem Zweck, Sie systematisch zu verunsichern und von Ihrer sozialen Umgebung und deren Zuspruch am Arbeitsplatz zu isolieren. Ist das Selbstwertgefühl erst ruiniert, häufen sich Fehler und geben Anlass zu neuen Schikanen. Nicht selten führt Mobbing daher in einen Teufelskreis von Frustration und Depression. Am Ende kann der psychische Dauerstress gar Ihre Gesundheit ruinieren. Doch was können Sie dagegen tun?

Ihr großer Vorteil ist, dass Ihre Chefin noch hinter Ihnen steht. Bevor Sie jedoch um deren Unterstützung bitten, sollten Sie das Gespräch mit der Kollegin suchen. Damit treten Sie aus Ihrer Opferrolle heraus und zeigen deutlichen Handlungswillen. Bleiben Sie sachlich und greifen Sie Ihr Gegenüber nicht persönlich an. Fragen Sie, warum die Kollegin solche Dinge behauptet, ohne mit Ihnen darüber gesprochen zu haben. Die meisten Mobber geben nämlich auf, wenn sie direkt auf ihre Handlungen angesprochen werden. Trauen Sie sich so ein Gespräch allein nicht zu, bitten Sie einen oder mehrere Kollegen oder sogar den Betriebsrat, mit dabei zu sein. Das schützt auch Sie.

Vielleicht finden Sie sogar heraus, warum sich Ihre Kollegin so aggressiv verhält. Viele Täter agieren aus Angst – etwa vor eigenem Versagen oder einer Kündigung. Auch fehlerhafte Strukturen innerhalb des Betriebs führen dazu, dass Menschen anfangen, andere zu quälen. Lässt sich die Lage im Gespräch nicht vollständig klären, ziehen Sie Ihre Vorgesetzte hinzu. Möglicherweise reichen einige wenige Veränderungen aus, um die Dinge aus der Welt zu schaffen.

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E-Mail: Redaktion.Beruf@tagesspiegel.de

Jürgen Hesse

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