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Angst um den Arbeitsplatz haben die Karstadt-Mitarbeiter seit Jahren.

© dpa

Karstadt-Insolvenz: Keiner zieht plötzlich den Stecker

Es ist die Woche der Entscheidung für den Kaufhauskonzern Karstadt. Nach einem Horrorjahr gibt es wieder Grund zum Optimismus.

Düsseldorf - Der Countdown läuft, in vier Tragen endet die Frist des Insolvenzverwalters, am Freitag muss ein Käufer für die 120 Karstadt-Filialen gefunden sein. Und wenn nicht? Die Firmengeschichte von Karstadt, die bis 1818 zurückreicht, endet nicht in den kommenden Tagen. „Keiner zieht hier am 1. Juni den Stecker, dafür gehen die Geschäfte zu gut“, heißt es in der Essener Konzernzentrale. Rein rechtlich könnte einfach die Frist verlängert werden. Wie vor vier Wochen, als sich die Gläubiger auf einen Aufschub einigten. Doch das gilt als wenig wahrscheinlich jetzt, wo der Investor Nicolas Berggruen Schwung in das Verkaufsverfahren gebracht hat. Welche Alternativen gibt es zu Berggruen?

Die Triton

Der deutsch-schwedische Investor gefiel sich als Retter in der Not. Erst wenige Minuten vor Ablauf einer ersten Frist am 23. April reichte der Private-Equity- Fonds mit dem ehemaligen Investmentbanker Hans Maret an der Spitze sein Angebot ein. Schon tags darauf präsentierte Maret eindeutige Forderungen: Zusätzliche Einschnitte bei den Mitarbeitern mit bis zu 4000 Stellen; dazu die Option, verlustreiche Verkaufsflächen zu vermieten oder zu verkaufen. Im Gegenzug sei man bereit, in fünf Jahren mehr als 400 Millionen Euro zu investieren.

Von Anfang an hat man bei Verdi an der Ernsthaftigkeit der Offerte gezweifelt. Verdi will nur auf Basis des in der Insolvenz abgestimmten Tarifvertrages verhandeln, der zwar Raum bietet für Entlassungen, aber auch Stellen und Standorte sichert. Das lehnt Triton ab. Hellmut Patzelt, Betriebsratschef von Karstadt, spricht von „Missverständnissen“, die wohl besonders das forsche Auftreten des Investors betreffen. Mit Berggruen und vermutlich auch mit dem Immobilienkonsortium Highstreet gibt es nun weitere Bieter, gegen die Triton vermutlich keine Chance hat.

Der Immobilienfonds Highstreet

Das Highstreet-Konsortium, dem die überwiegende Mehrheit der Karstadt- Häuser gehört, prüft seit Wochen die Bücher der Warenhäuser und hält sich eine Offerte bis zuletzt offen. Angeführt wird das Konsortium von der Investmentbank Goldman Sachs und ihrem Deutschland- Chef Alexander Dibelius.

Unter der Ägide der Goldmänner, so wird gemutmaßt, könnte ein Projekt verwirklicht werden, das schon Generationen von Warenhausmanagern durchgerechnet haben: die Deutsche Warenhaus AG. Die profitablen Filialen von Kaufhof – noch im Besitz von Metro – und Karstadt könnten zu einem Konzern vereinigt und anschließend gemeinsam verkauft werden. Metro-Chef Eckhard Cordes hat daran mehrfach Interesse bekundet, zudem kennen sich Dibelius und er mit Fusionen aus. Bereits 1998 fädelten die beiden die Verbindung von Daimler und Chrysler ein. Wie viele der 120 Karstadt-Häuser einer solchen Fusion zum Opfer fielen, ist offen. Mittelfristig mindestens die Hälfte, schätzen Experten.

Der Insolvenzverwalter

Wenn weder Triton noch Goldman Sachs noch Berggruen zum Zuge kommen, könnte Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg selbst die Aufteilung vornehmen. Einen solchen Plan B haben die Experten inzwischen ausgetüftelt. Er unterteilt die Filialen in drei Gruppen: die Premiumadressen, die Sporthäuser und den Rest. Um die erste Kategorie mit dem Berliner KaDeWe, dem Oberpollinger in München und dem Alsterhaus in Hamburg würden sich wohl zahlreiche Bieter reißen. Auch um die rund 30 Filialen von Karstadt-Sport wurde bereits gebuhlt. Die anderen Häuser kämen auf die Streichliste.

„Eine realistische Option wäre es, sich zunächst von einigen Verlustbringern zu trennen, dann mit den übrigen Häusern das Weihnachtsgeschäft zu stemmen und 2011 einen neuen Verkaufsversuch zu starten“, erfuhr der Tagesspiegel aus Unternehmenskreisen. Die Schließung von Filialen wird längst auch an anderer Stelle diskutiert. „Wir gehen davon aus, dass mittelfristig mehr als 20 Karstadt-Häuser in kleinen und mittleren Städten geschlossen werden“, sagte Norbert Portz vom Deutschen Städte- und Gemeindebund. Für die jeweiligen Innenstädte werde das gravierende Folgen haben, für kleine Geschäfte, aber auch für Kultur und Gastronomie.

„Die Warenhäuser wirken wie ein Magnet für Fußgängerzonen“, sagte Portz. Hochwertigen Ersatz zu finden hält er für eine sehr schwierige Aufgabe. „Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Haus künftig leer steht oder nur ein Billigladen einzieht, ist wesentlich größer.“David C. Lerch

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