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Wirtschaft: Kartellamt ebnet Weg für die Lkw-Maut

Bonner Amt lehnt Beschwerde gegen Vergabeverfahren ab / Telekom-Daimler-Konsortium will Juli 2003 starten

Berlin (fo/TSP). Daimler-Chrysler und die Deutsche Telekom stehen kurz vor der endgültigen Unterzeichnung eines Milliarden schweren Auftrags für den Aufbau eines Autobahn-Mautsystems in Deutschland. Gibt es keine weiteren Verzögerungen, müssen Lastkraftwagen ab zwölf Tonnen Gesamtgewicht ab Juli nächsten Jahres Gebühren für die Nutzung deutscher Autobahnen zahlen. Ursprünglich sollte das System bereits zum Jahresbeginn 2003 starten.

Das Bundeskartellamt hat am Mittwoch die Beschwerde des Konkurrenten Ages gegen die Vergabe an das Konsortium aus Daimler-Chrysler und Deutscher Telekom abgelehnt. In keinem Punkt sei das Vergabeverfahren rechtswidrig gewesen, sagte der Präsident des Amtes, Ulf Böge, in Bonn. Das Kartellamt ist neben der Prüfung von Fusionen für die Aufsicht öffentlicher Vergabeverfahren zuständig. Gegen die Entscheidung kann Ages binnen zwei Wochen Rechtsmittel einlegen. Ein Ages-Sprecher sagte, dass bis Anfang kommender Woche geprüft werde, ob gegen die Entscheidung beim zuständigen Oberlandesgericht Düsseldorf Beschwerde eingelegt werden soll. „Es hat sich aber in der Vergangenheit bereits gezeigt, dass es sich lohnt zu kämpfen." Eine Klage dort würde eine endgültige Vertragsunterzeichnung mindestens bis Oktober verzögern. Damit wäre der Zeitplan des Bundesverkehrsministeriums aber nicht mehr einzuhalten.

Der Auftrag des Bundesverkehrsministeriums sieht den Aufbau eines satellitengestützten Mauterfassungssystems für schwere Lkw vor. Dafür soll der Betreiber des Systems nach früheren Angaben von Daimler Chrysler Services (Debis) jährlich rund 600 bis 700 Millionen Euro erhalten. Der bereits ausgehandelte, aber noch nicht unterschriebene Vertrag soll über zwölf Jahre laufen. Das Verkehrsministerium erwartet Maut- Einnahmen von 3,4 Milliarden Euro im Jahr. Pro Kilometer sollen Lkw über zwölf Tonnen je nach Achszahl und Schadstoffausstoß rund 15 Cent pro Kilometer zahlen.

Das Konkurrenzkonsortium Ages um den Mobilfunkkonzern Vodafone sowie die Mineralölfirmen Shell und Aral war im vergangenen Jahr aus dem Vergabeverfahren des Verkehrsministeriums ausgeschlossen worden, hatte sich aber per Gerichtsentscheid wieder zurück ins Rennen gebracht. Dennoch erteilte das Ministerium Daimler-Chrysler und Telekom im Juli den Auftrag, wogegen Ages Beschwerde beim Kartellamt einlegte.

Interessant ist der Zuschlag für das System auch wegen möglicher Anschluss-Aufträge im europäischen Ausland. Vergleichbare Mautsysteme sind in weiteren Ländern geplant. Österreich hatte sich allerdings kürzlich wie einige osteuropäische Länder für ein nicht-satellitengestütztes System entschieden.

Dafür wird in Kreisen beteiligter Unternehmen die Verzögerung bei der Vergabe verantwortlich gemacht. Man habe die Chance vertan, ein einheitliches System in Westeuropa zu installieren.

Bei Daimler-Chrysler wird aber auch darauf hingewiesen, dass das System Speditionen auch beim Flottenmanagement helfen könne. So könne eine Firma seine Lastwagen genau orten und entsprechend disponieren. An dem „Toll Collect“ genannten Konsortium sind Daimler-Chrysler und Deutsche Telekom zu je 45 Prozent beteiligt, die übrigen zehn Prozent hält der französische Autobahnbetreiber Cofiroute.

Die Gebühr wird abhängig von Achslast und Schadstoffausstoß in sechs Klassen zwischen 10 und 17 Cent erhoben. „Stinker“ zahlen deutlich mehr als kleine abgasarme Lastwagen. Bezahlt wird die Gebühr über ein satellitengestütztes Maut-System. Vorteil: Mit einem kleinen Gerät in der Größe eines Autoradios kann die Lkw-Maut auf den Kilometer genau abgerechnet werden - bezahlt wird die tatsächlich gefahrene Strecke. Die beiden Bieter um das milliardenschwere Mautprojekt haben elektronische Gebührensammler entwickelt.

Das System basiert auf der Kombination von zwei bewährten Techniken: dem Mobilfunk und satellitengestützten Global Positioning System (GPS), das beispielsweise zur Ortung von Schiffen verwendet wird. Für die vollautomatische Abrechnung wird im Lkw-Führerhaus ein Gerät eingebaut, das mit einem GPS-Empfänger und einem Mobilfunksender ausgerüstet ist. Setzt sich das Fahrzeug in Bewegung, registriert das System automatisch, wo es sich befindet.

Wird eine mautpflichtige Straße befahren, errechnet das Gerät aus den Daten des Fahrzeugs wie Achszahl, Gewicht oder Abgas- Schadensklasse sowie den gefahrenen Kilometern die Gebühr. Diese wird an eine Zentrale weitergefunkt, die direkt mit der Spedition abrechnet.

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