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Wirtschaft: Kartellamt rechnet wieder mit mehr Fusionen

Bekämpfung von Kartellen zurzeit noch Arbeitsschwerpunkt

Berlin (dri/HB). Das Bundeskartellamt erwartet, dass es bald wieder mehr Unternehmenszusammenschlüsse geben wird. Nach dem Rückgang des InternetBooms sei die Zahl der Fusionen gesunken, sagte Ulf Böge, Präsident des Amtes, am Mittwoch in Bonn. Deshalb liege der Arbeitsschwerpunkt des Kartellamts derzeit noch bei der Aufdeckung von Kartellen. Außerdem habe das Kartellamt seit der Einführung der Bonus-Regel ein wirksames Instrument gegen Unternehmen zur Hand, die den Wettbewerb über Preisabsprachen aushebeln, sagte Böge bei der Vorstellung seines Tätigkeitsberichts für 2001/2002. Nach dieser Regel müssen an Kartellen beteiligte Firmen, die Absprachen anzeigen, keine Strafe zahlen.

Größter Erfolg der Bonus-Regel war die Zerschlagung des Zementkartells. Insgesamt 661 Millionen Euro Geldbuße müssen die ertappten Baukonzerne zahlen. Allerdings klagen fast alle Unternehmen gegen den Bußgeldbescheid. Nach Meinung Böges sollten Kartellabsprachen künftig Grund für die fristlose Kündigung von Topmanagern sein.

Deutschlands oberster Kartellwächter rechnet allerdings damit, dass seine Fusionskontrolleure bald mehr Arbeit bekommen werden. Mit der Stabilisierung der Börsen sei ein Anziehen der Fusionsaktivitäten zu erwarten. Kapital, das nach einer guten Anlage suche, sei „hinreichend vorhanden“. Der für Konzerne steuerlich interessante Verkauf von Beteiligungen werde weitergehen. Laut Tätigkeitsbericht sank in den Jahren 2001/2002 die Zahl der angemeldeten Fusionsfälle um zehn Prozent auf gut 1500 pro Jahr. Wie in den Vorjahren gab es die meisten Fusionen in der Energiebranche und der Chemie- und Pharmaindustrie. Fusionen werden meistens genehmigt. Nur acht Vorhaben lehnte das Kartellamt ab, darunter aber so spektakuläre Fälle wie den Kauf der Telekom-Kabelnetze durch den US-Konzern Liberty Media, die Eon-Ruhrgas-Fusion und die Übernahme des Berliner Verlages durch die Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck, in der auch der Tagesspiegel erscheint.

Eon setzte die Fusion dennoch per Ministererlaubnis durch. Und Holtzbrinck hat Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) angerufen. Böge sprach sich ausdrücklich für das Instrument Ministererlaubnis aus: Es mache klar, wann eine Fusion aus politischen Gründen gewünscht sei, auch wenn sie wettbewerbsrechtlich bedenklich ist. In anderen Ländern, die keine nachträgliche Erlaubnis abgelehnter Fusionen kennen, werde häufig politischer Druck auf die Wettbewerbshüter ausgeübt.

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