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Wirtschaft: Kaspar Villiger im Gespräch: "Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt"

Kaspar Villiger (59), ist seit fünf Jahren Vorsteher des Eidgenössischen Finanzdepartements in Bern und Ansprechpartner der EU in Steuerfragen. Auch in der aktuellen Frage der EU-Zinssteuerharmonisierung wird mit Villiger verhandelt.

Kaspar Villiger (59), ist seit fünf Jahren Vorsteher des Eidgenössischen Finanzdepartements in Bern und Ansprechpartner der EU in Steuerfragen. Auch in der aktuellen Frage der EU-Zinssteuerharmonisierung wird mit Villiger verhandelt. Ohne Unterstützung der Schweiz bleibt der Kompromissvorschlag der EU-Finanzminister Makulatur. Die größte Hürde dabei ist das Schweizer Bankgeheimnis.

Herr Villiger, wie würden Sie Ihr Verhältnis zu Brüssel beschreiben?

Wir haben ein freundschaftliches, von Interessen geprägtes Verhältnis. Wir sind ein guter Kunde der Union.

Gefallen Ihnen die EU-Steuerharmonisierer?

Ich habe Verständnis für den Unmut meiner Amtskollegen über den unfairen Steuerwettbewerb, der in zunehmendem Ausmaß Firmen aus dem einen in ein anderes Land lockt. Grundsätzlich halte ich aber nichts von Steuerkartellen. Je höher die Steuer- und Staatsquote, desto geringer ist doch das Wachstumspotenzial.

Und desto höher die Steuerflucht?

Der Zusammenhang besteht. Natürlich müssen Steuern in jedem Falle bezahlt werden und der Staat muss die Möglichkeit haben, die Steuerschuld einzutreiben.

Um jeden Preis?

Mit Polizeigewalt, Hausdurchsuchungen oder Informationspflichten wird man keine Steuerdisziplin erzwingen können.

Sondern?

Mit moderaten Steuern. Nur dort, wo die Bürger das Gefühl haben, für Leistungen des Staates einen angemessenen Preis zu zahlen, halten sie sich an Recht und Gesetz.

Ohne Unterstützung der Schweiz kann die geplante EU-Richtlinie zur Harmonisierung der Zinsbesteuerung nicht umgsetzt werden. Fühlen Sie sich zum Entgegenkommen verpflichtet?

Wir haben kein Interesse daran, dass die Schweiz Zielhafen von Kapitalmarktgeschäften wird, die nur darauf zielen, die neue EU-Regelung zu unterlaufen.

Wie wollen Sie das verhindern?

Das muss man uns überlassen. Wir sind ein autonomer Staat.

Haben Sie sich mit Luxemburg abgesprochen?

Wozu?

Das Großherzogtum Luxemburg vertritt die Interessen der Schweiz auf europäischer Ebene, und fürchtet selber um die Zukunft des Bankgeheimniss. Arbeitet man da nicht Hand in Hand?

Natürlich kennt man sich und versucht die Interessen miteinander in Einklang zu bringen. Aber Absprachen? Nein.

Bleibt das Schweizer Bankgeheimnis tabu?

Für die Schweiz ist die gesetzlich geschützte Privatsphäre des Bankkunden unantastbar. Das könnte nur per Volksentscheid geändert werden. Unsere Erfahrung beim Referendum 1984, als dies mit 73 Prozent abgelehnt wurde, zeigt: Wir haben hier keine Chance.

Ist das das letzte Wort?

Wir prüfen die Einführung einer so genannten Zahlstellensteuer auf Zinsen bisher quellensteuerfreier Anlagen von Personen mit Wohnsitz in der EU. Also ein Modell, wie es auch die EU in einer Übergangszeit zulassen will. Damit zeigen wir guten Willen.

Das wird einigen Investoren vom Investment in der Schweiz abhalten. Regt sich da kein Widerstand?

Zunächst schon, vor allem von den Banken. Aber das hat sich geändert. Man realisiert, dass der moderne Finanzplatz auch ethischen und moralischen Ansprüchen gerecht werden muss. Schon aus Imagegründen.

Bei einer Quellensteuer wird es nicht bleiben. Bereits von 2010 an soll eine EU-weite Meldepflicht eingeführt werden. Macht die Schweiz da mit?

Die Meldepflicht verträgt sich mit unserem Bankkundengeheimnis nicht.

Was ist denn ein Bankkundengeheimnis?

Wir sprechen vom Bankkundengeheimnis. Denn es geht um das Geheimnis des Kunden, nicht um das der Banken. Das Bankgeheimnis schützt den Kunden, nicht die Bank.

Glauben Sie an das Bankgeheimnis?

Ich bin sogar davon überzeugt, dass mit dem Trend hin zum gläsernen Bürger der Schutz der Privatsphäre, den das Bankgeheimnis gewährt, noch an Bedeutung gewinnen wird. Deshalb will die Schweiz auch am gesetzlichen Schutz festhalten.Allerdings haben wir bereits zahlreiche gesetzliche Regelungen, um Missbräuche des Bankgeheimnisses zu bekämpfen.

Wie weit darf der Schutz gehen?

Bei Drogenschmuggel, Geldwäscherei, kurzum bei kriminellen Machenschaften, auch bei Steuerbetrug bietet unser Bankgeheimnis schon heute keinerlei Schutz. Wir kennen hier weitreichende Rechtshilfe.

Im Falle von Steuerbetrug, wenn Behörden arglistig getäuscht oder Dokumente gefälscht werden, heben Sie das Bankgeheimnis auf. Bei der Steuerhinterziehung ist man in der Schweiz nicht so streng. Wieso?

Um eins klarzustellen: Steuerhinterziehung ohne Arglistist ist für mich kein Kavaliersdelikt. Wir meinen aber, dass man sie mit einer Quellensteuer wirksam bekämpfen kann, ohne den Schutz der Privatsphäre aufheben zu müssen.

Was bedeutet das für die EU-Richtlinie?

Wir sehen eine Lösungsmöglichkeit. Die Tatsache, dass die EU sich in einer beträchtlichen Übergangszeit mit einer wirksamen Quellensteuerregelung zufrieden gibt, führt uns ein Stück weiter. Die Union erwartet von Drittländern gleichwertige, nicht gleiche Lösungen. Das ist ein substanzieller, nicht nur ein semantischer Unterschied. Dessen wird sich Brüssel sehr wohl bewußt sein. Im Übrigen müssen auch andere Drittländer mitziehen, die Lösung muss wasserdicht sein.

Herr Villiger[wie würden Sie Ihr Verhäl]

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