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Wirtschaft: Kasse machen

Die Beitragsunterschiede zwischen den Krankenkassen sind enorm. Aber der Wechsel ist nicht nur eine Preisfrage

Bei der IKK-Direkt stehen die Telefone seit ein paar Tagen nicht mehr still. Der Grund: Soeben hat das Kieler Sozialgericht entschieden, dass die kleine Innungskrankenkasse ihre Beiträge rückwirkend zum 1. Januar 2004 auf 11,9 Prozent senken darf. Das macht sie zur mit Abstand billigsten Kasse der Republik. „Seitdem haben wir so viele Neukunden, dass wir mit der Arbeit kaum hinterherkommen“, sagt IKK-Direkt-Mitarbeiterin Jessy Beyer.

Der Wechsel von einer teuren zu einer billigeren Kasse kann sich lohnen. Denn zwischen der preiswertesten der rund 330 gesetzlichen Krankenkassen und der teuersten, der AOK Berlin mit einem aktuellen Beitragssatz von 15,5 Prozent, liegen 3,6 Prozent, gemessen an der Höhe des Bruttomonatseinkommens. Unter den zehn günstigsten Kassen, die auch Berlinern offen stehen, finden sich neben der IKK-Direkt neun Betriebskrankenkassen (BKK) (siehe Tabelle). „Die Höhe des Beitragssatzes ist schon wichtig“, sagt Gesundheitsfachmann Thomas Isenberg vom Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv). „Wenn ein Kunde von einer teuren Kasse zu einer Krankenkasse wechselt, die zwei Prozentpunkte weniger berechnet, könnte er am Ende durchaus eine höhere Ersparnis herausholen als durch die Teilnahme an Bonusprogrammen.“

Trotzdem warnen Verbraucherschützer davor, die Wahl der Kasse nur vom Beitragssatz abhängig zu machen. Viele andere Faktoren spielen auch eine Rolle. „Für die gleiche Behandlung bekommen Ärzte von den Ersatzkassen mehr Geld als von Betriebs- oder Innungskrankenkassen“, gibt Ulrike Steckkönig, Krankenkassen-Expertin der Stiftung-Warentest, zu bedenken. Ärzte seien zwar verpflichtet, alle Patienten gleich zu behandeln, „trotzdem kommt es vor, dass Billigpatienten beim Arzt abgemeiert werden“.

Aber nicht nur das. Die Versicherten sollten auch auf die Zusatzangebote der Kassen achten, meint vzbv-Experte Isenberg (siehe nebenstehenden Artikel). „Die billigste Krankenkasse muss nicht die beste sein.“ 95 Prozent der Leistungen der Ersatzkassen sind zwar gesetzlich festgelegt, aber durch die Gesundheitsreform haben die Versicherer mehr Spielraum bekommen, um sich mit Bonusprogrammen, Selbstbehaltstarifen und günstigen privaten Zusatzpolicen von der Konkurrenz abzuheben.

Obwohl fast alle großen Kassen inzwischen Kooperationen mit privaten Krankenversicherern eingegangen sind, ist der Markt noch im Fluss. Viele kleinere Krankenkassen verhandeln noch mit privaten Anbietern über die Konditionen für private Zahnzusatz-, Brillen- oder Krankenhaustagegeldversicherungen. „Der Markt ist total in Bewegung“, sagt Steckkönig. Wechselwillige sollten mit der Entscheidung daher noch bis zum zweiten Halbjahr 2004 warten.

Gründliches Überlegen ist noch aus anderem Grund zu empfehlen. Wer sich für eine Kasse mit Zusatztarif entscheidet, bekommt günstigere Bedingungen, als wenn er direkt eine private Zusatzpolice abschließen würde. Der Nachteil: Er ist dann auch an die Mitgliedschaft in der gesetzlichen Kasse gebunden, die den Tarif vermittelt.

Einen Überblick über die privaten Zusatzversicherungen haben wir am vergangenen Samstag veröffentlicht . Sie finden die Tarife im Internet unter www.tagesspiegel.de/Zusatzpolicen.

Maren Peters

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