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KAUFEN oder NICHT: Nicht jedermanns Geschmack

Eiscreme verkauft man mit Emotion. Kaum einer versteht das so gut wie die Firma Langnese.

Eiscreme verkauft man mit Emotion. Kaum einer versteht das so gut wie die Firma Langnese. In diesem Jahr haben die Marketingstrategen ganz tief in die Gefühlskiste gegriffen und zwei Eissorten nach berühmten Filmen benannt: „Dr. Schiwago“ heißt das eine, „Vom Winde verweht“ das andere.

Kundinnen wie mich spricht das an. Ich war zwölf, als ich mich aus der Kinderabteilung der Bücherei zu den Erwachsenenregalen schlich, um „Vom Winde verweht“ von Margaret Mitchell auszuleihen, unter Protest meiner Mutter, die meinte, ich könnte das noch nicht verstehen. Ich habe fast tausend Seiten in wenigen Tagen verschlungen. Wie sich Scarlett O’Hara durch die Wirren des amerikanischen Bürgerkriegs schlägt und gegen die konservative Südstaaten-Gesellschaft rebelliert, war spannend. Nur eines konnte ich damals wirklich noch nicht verstehen: Wie Scarlett Rhett, den Mann, den sie eigentlich liebt, immer wieder zurückweisen kann.

An all das musste ich denken, als ich mich für „Vom Winde verweht“ entschied, bevor ich zu einer Grillparty mit Kollegen ging. Die Geschmacksrichtung gefiel mir auch: Himbeer- und Schokoladen-Eis mit Fruchtsoße und Zuckerperlen (900 Milliliter für 3,39 Euro). Mein Chef würde dem Eis glatt zehn Punkte geben. Er hat den Film wohl so oft gesehen wie ich, er kann daraus zitieren. Die Gastgeberin ging differenzierter an die Sache heran. Die bittersüße Schokolade fand sie lecker, die Himbeere schmeckte ihr aber zu künstlich. Und die Stückchen störten. Nur vier Punkte. Ein dritter Kollege bekannte, mehr so „der süße Erdbeer-Typ“ zu sein, weshalb ihm die Himbeere zu sauer war, insgesamt lautet sein Urteil: „Ganz lecker“, sechs Punkte. Ich persönlich liebe die Kombination (zehn Punkte). Inzwischen habe ich Scarlett verstanden: Zu süß ist einfach nicht spannend.

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