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Anschluss. In vielen Ländern wird der Kauf von Elektrofahrzeugen bereits staatlich gefördert, die deutsche Regierung hat lange gezögert. Zusammen mit der Autoindustrie werden nun 1,2 Milliarden Euro ausgereicht, um E-Autos massentauglich zu machen.

© dpa

Kaufprämie für Elektroautos: Bund will Autokäufer elektrisieren

Nach Monate langen Diskussionen hat das Kabinett ein neues Förderpaket für die Elektromobilität verabschiedet. Kaufprämien im Gesamtvolumen von 1,2 Milliarden Euro, der Ausbau der Ladeinfrastruktur und Steueranreize sollen den Markt anschieben.

Regierung und Industrie halten es für eine Investition in die Zukunft des Industriestandorts, Umweltverbände warnen vor einem teuren Irrweg: Das 1,2 Milliarden Euro schwere Förderpaket für Elektroautos, das das Bundeskabinett am Mittwoch beschlossen hat, polarisiert.

Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) sprach von einem wichtigen industriepolitischen Signal. Fortschritte bei der Elektromobilität seien entscheidend für die Zukunft des Automobilstandortes Deutschland: „Die steigende Nachfrage wird wichtige und notwendige Investitionen entlang der gesamten Wertschöpfungskette der Elektromobilität auslösen.“ Der Bund rechnet mit mindestens 300.000 E-Autos, die dank der Förderung gekauft werden. Ihren eigenen, bislang kaum elekrifizierten Fuhrpark will die Bundesregierung zu 20 Prozent mit E-Autos bestücken. Aktuell sind nur knapp 50.000 Fahrzeuge mit aufladbarem Elektroantrieb auf deutschen Straßen unterwegs, eine Million sollen es 2020 nach dem Willen der Bundesregierung sein.
Kabinettskollege Alexander Dobrindt (CSU) feierte den geplanten Ausbau von Strom-Ladestationen, den sich der Bund rund 300 Millionen Euro kosten lassen will, als „Offensive für Deutschland“. Der Schlüssel für den Durchbruch der Elektromobilität sei eine flächendeckende Ladeinfrastruktur, sagte der Bundesverkehrsminister. Ende 2015 gab es hierzulande gut 5800 öffentlich zugängliche Ladepunkte, 2020 sollen es 70.000 Ladepunkte und 7100 Schnellladesäulen sein. Mögliche Standorte von Ladesäulen sind Tankstellen und Autohöfe an Hauptverkehrsachsen, Einkaufs- und Sportzentren, Carsharing-Stationen sowie Bahnhöfe, Flughäfen und Messezentren.

Die Umweltlobby spricht von einem Irrweg

Auch die Grünen unterstützen die Kaufprämien, weil mehr Elektroautos gut für das Klima seien. Fraktionsvize Oliver Krischer bemängelte aber, dass alle Steuerzahler für den Bundesanteil von 600 Millionen Euro aufkommen müssen. „Richtig wäre es, wenn die Fahrer von übermotorisierten Spritschluckern die Prämie finanzieren“, sagte Krischer. In diese Richtung zielt auch die Kritik der Umweltverbände: „Kaufprämien sind ein umweltpolitischer Irrweg, die Innovationen für eine umweltfreundliche Mobilität verzögern und so dem Standort Deutschland schaden“, sagte Hubert Weiger, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Sinnvoller sei die Förderung der Elektromobilität im ÖPNV, beim Car-Sharing und im innerstädtischen Liefer- und Versorgungsverkehr. Michael Ziesak, Vorsitzender des ökologischen Verkehrsclubs VCD sprach von Geschenken „an die durch den Abgasskandal gebeutelte Autoindustrie“. Zielführender wäre es seiner Ansicht nach gewesen, die Kaufprämie durch „höhere Steuern für Spritfresser“ zu finanzieren. Stattdessen erhalte die Autoindustrie eine „Förderung per Gießkanne“. In den Genuss kommen nicht nur deutsche Hersteller, sondern auch Importeure, wenn sie sich ebenfalls an der Finanzierung zur Hälfte beteiligen. Schon einmal hatte der Staat mit Kaufprämien der Autoindustrie unter die Arme gegriffen. Auf dem Höhepunkt der Finanzkrise gab es ab 2009 beim Neuwagenkauf 2500 Euro vom Bund – mit der sogenannten „Abwrackprämie“ wollte die Politik Arbeitsplätze bei den Autobauern schützen. Das Programm zeigte wirkung, die Zahl der Neuzulassungen schoss 2009 in die Höhe.

Der Industrieverband VDA setzt auf den "Startimpuls"

Entsprechend zufrieden zeigte sich der Branchenverband VDA über den Kabinettsbeschluss: „Dieser Startimpuls ist wichtig, solange das Elektroauto wegen der hohen Batteriekosten noch teurer ist als ein konventioneller Pkw“, sagte VDA- Präsident Matthias Wissmann. „Es geht um einen auf wenige Jahre begrenzten Anschubimpuls.“ Nun sei die Grundlage dafür gelegt, „dass sich Elektromobilität in Deutschland etabliert und unser Land auch Leitmarkt für Elektromobilität werden kann“, so Wissmann, der auf den Erfolg entsprechender Kaufanreize in anderen Ländern verwies.
Etwa 30 Elektrofahrzeuge bieten deutsche Autohersteller laut VDA inzwischen als Serienmodelle an. Zu Elektrofahrzeugen werden dabei allerdings auch Hybridautos gezählt, die Verbrennungsmotor und Stromantrieb kombinieren. Die meisten elektrisch betriebenen Autos sind solche Hybride. Reine Elektroversionen sind noch rar: Allein BMW hat ein Elektroauto im Programm, das ausschließlich als solches gedacht ist. Andere Hersteller haben den E-Motor bislang als Variante im Angebot. Bei Volkswagen sind das beispielsweise E-Golf und E-Up, bei Daimler die B-Klasse und – ab Ende 2016 – eine neue E-Version des Smart. Opel, Audi und Daimler wollen aber künftig ebenfalls reine E-Modelle auf den Markt bringen.

Wie hoch sind die Kaufprämien?
Für reine E-Autos mit Batterie gibt es insgesamt 4000 Euro „Umweltbonus“, wie die Prämien offiziell heißen – also 2000 Euro vom Bund und 2000 Euro vom Hersteller, die sich die Gesamtkosten von 1,2 Milliarden Euro teilen. Bei Hybridautos, die per Stecker geladen werden und einen ergänzenden Verbrennungsmotor haben, sind es insgesamt 3000 Euro Prämie (1500 Euro Staat/1500 Euro Hersteller).

Wo kann ich einen Antrag stellen?

Wie 2009 bei der „Abwrackprämie“ beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) in Eschborn bei Frankfurt – allerdings nur online in einem Internet-Portal, das bald freigeschaltet wird. Dort werden auch alle Fahrzeugmodelle der verschiedenen Hersteller aufgeführt sein, für die die Prämie gilt.

Wer kann den Umweltbonus beantragen?
Anträge dürfen Privatpersonen, Firmen, Stiftungen, Körperschaften und Vereine stellen. Das E-Fahrzeug darf aber erst nach dem 18. Mai gekauft worden sein. Käufer müssen das neue E-Auto mindestens neun Monate behalten, das gilt auch für Leasing.

Welche Unterlagen sind nötig?

Wer die Prämie bekommen will, muss eine Rechnungskopie vom Autohändler sowie den Zulassungsnachweis auf den Antragsteller (Fahrzeugschein und Fahrzeugbrief) vorlegen. Dafür hat man einen Monat Zeit nach Eingang des Antrags beim Bafa. Achtung: Um die 2000 Euro Bonus vom Staat für einen reinen „Stromer“ oder 1500 Euro für einen Hybrid-Wagen zu bekommen, muss auf der Rechnung vom Autohändler stehen, dass der Hersteller eine Prämie in selber Höhe vom Netto-Kaufpreis bereits abgezogen hat.

Welche Hersteller machen mit?
Volkswagen, Daimler und BMW sind dabei, aber auch viele ausländische Hersteller ziehen mit. So beteiligen sich nach Angaben ihres Branchenverbandes VDIK Citroën, Hyundai, Kia, Mitsubishi, Nissan, Peugeot, Renault, Toyota und Volvo. Einzelne Anbieter wollen sogar auf die Prämien noch einen Zuschlag drauflegen.

Wie lange gilt der Umweltbonus?

Gezahlt wird nur, so lange Geld im Fördertopf ist, den Bund und Branche mit je 600 Millionen Euro füllen. Spätestens Schluss sein soll am 30. Juni 2019.

Welchen Effekt soll die Prämie haben?

Die Regierung erwartet, dass so der Kauf von „mindestens 300.000 Fahrzeugen“ angeschoben wird. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hofft sogar auf 500.000. Das wäre zwar nur die Hälfte des regierungsamtlichen Ziels von einer Million E-Autos bis 2020 – verglichen mit 25.500 reinen „Stromern“ plus aktuell 19.000 Stecker-Hybriden zu Beginn des Jahres dennoch ein Durchbruch.

Lohnt sich ein E-Auto steuerlich?

Ja. Rückwirkend zum 1. Januar 2016 wird die Steuerbefreiung für neue (und umgerüstete) Elektrofahrzeuge von fünf auf zehn Jahre verdoppelt. Bei der Einkommensteuer wird steuerbefreit, wenn der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern erlaubt, ihr privates Elektroauto in der Firma aufzuladen. Arbeitgeber bekommen die Möglichkeit, geldwerte Vorteile pauschal mit 25 Prozent Lohnsteuer zu besteuern. Diese Regelungen gelten befristet vom 1. Januar 2017 an bis Ende 2020. mit dpa

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