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Kehrmonopol: Tanz um die Schornsteine

Das Kehrmonopol soll fallen - es stammt noch aus der Nazi-Zeit. Was nach mehr Wettbewerb klingt bringt aber vor allem höhere Gebühren.

Verbissen hatte er darum gekämpft, die schwarzen Könige aus ihrem angestammten Reich zu vertreiben. Doch es sieht so aus, als hätte Ernst Pfister den Kampf verloren. Die Könige verlieren zwar das Recht auf unbegrenzte Herrschaft, dass damit auch alle Privilegien der Schornsteinfeger fallen, hat der baden-württembergische Wirtschaftsminister gegen den Willen seiner Länderkollegen aber nicht durchsetzen können. Zu allem Übel drohen Wohnungs- und Hausbesitzern auch noch höhere Kosten.

Der Bundesrat hatte an diesem Freitag eine Reform des Schornsteinfegerwesens verabschiedet. Sie soll ein Gesetz ändern, das noch aus der Nazizeit stammt und den Schornsteinfegern bislang ein Kehrmonopol bis zur Rente garantierte. Das sicherte ihnen ein bequemes Leben: Wer erstmal seinen eigenen Kehrbezirk hatte, musste sich um Kundenzahl, Einkommen und Altersversorgung keine Gedanken mehr machen, alles war geregelt. Das Schornsteinfegermonopol, monierten Kritiker, sei mindestens genauso überholt wie die schwarze Dienstkleidung mit Zylinder. Bereits seit 2003 versucht die EU, das Monopol – eines der bestgehüteten in Europa – aufzubrechen. Sie sieht darin einen Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit. Ob die nun angeschobene Reform, die noch den Bundestag passieren muss, allerdings hält, was sie vorgibt, wird von vielen allerdings gründlich bezweifelt.

„Die Reform ist gar keine Reform“, kritisiert etwa David Eberhart vom Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU). „Die alten Besitzstände werden gewahrt.“ Auch Baden-Württembergs FDP-Minister Pfister klagt, die Neuregelung verfehle völlig ihr Ziel, das Kehrmonopol zu beseitigen.

Auch die entspannte Haltung der Kaminkehrer deutet darauf hin, dass auf deutschen Dächern keine revolutionären Neuerungen anstehen. Er „begrüße das Vorhaben der Bundesregierung insgesamt“, sagt Frank Weber, Vorsitzender des Zentralverbands der Deutschen Schornsteinfeger. Das gebe der Branche Planungssicherheit – zumal es lange Übergangsfristen bis Ende 2012 gebe.

Allzu viel wird sich auch dann nicht ändern. Auch künftig soll es 7888 Kehrbezirke geben. Die Herrschaftsrechte werden aber künftig nur noch für sieben Jahre vergeben. Danach müssen sich die Kaminkehrer neu darum bewerben, was Verbandschef Weber aber für unproblematisch hält. Auch die theoretische Möglichkeit, künftig gegen Polen und Franzosen konkurrieren zu müssen, macht ihm keine Angst. „Die müssten hier erst mal Akquise machen“, meint er. Bei dem Aufwand hätten Neubewerber kaum eine Chance.

Als Kompensation für die sehr überschaubaren Begrenzungen ihres Monopols können sich die Kehrer auf reichlich Entschädigung freuen. So soll das bisherige Verbot, einer auf Gewinn ausgerichteten Nebentätigkeiten nachzugehen, künftig wegfallen. Die schwarzen Männer und Frauen dürfen sich dann auch als Energieberater verdingen oder die Heizöllagerung in Wasserschutzgebieten kontrollieren, was bisher der Tüv gemacht hat. Und noch eine Entschädigung sieht die Novelle für sie vor: Eine Brandschau durch den Bezirksschornsteinfeger muss künftig alle 3,5 statt wie bisher alle fünf Jahre erfolgen. „Damit baut die Bundesregierung neue Doppelstrukturen auf, die den Bürger belasteten“, schimpft Baden-Württembergs Minister Pfister.

Das dementieren nicht einmal die Schornsteinfeger selbst. „Wir werden unsere Leistung künftig zwar im Wettbewerb anbieten müssen“, sagt Werner Christ, der Obermeister der Berliner Schornsteinfeger-Innung. „Aber Wettbewerb bedeutet nicht, dass alles billiger wird.“ Nach der Brandschau zum Beispiel bekomme der Kunde künftig einen sogenannten Feuerstättenbescheid. „Da steht drin, welche Verpflichtungen er für die nächsten dreieinhalb Jahre hat, mit genauer Terminabgabe, wann er was erledigen muss.“ Die verordneten Messungen darf der Kunde dann zwar auch von einem Nicht-Kehrer erledigen lassen; weil dem aber offenbar nicht zu trauen ist, muss er anschließend seinem Schornsteinfeger schriftlich Bericht erstatten. „Der bürokratische Aufwand wird steigen“, sagt BBU-Sprecher Eberhart. „Dass irgendjemand den Zusatzaufwand zahlen muss, ist klar“, ergänzt Christ. Dabei sind die eigentlichen Kehrgebühren noch gar nicht berücksichtigt. Sie sollen ab 2009 erstmals bundeseinheitlich festgesetzt werden. Noch steht die Höhe nicht fest.

Maren Peters

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