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Eurobank und NBG sollten eigentlich fusioniert werden. Doch die Risiken waren der Troika zu groß.

© AFP

Kein Eigenkapital: Griechische Banken stehen vor Verstaatlichung

Bis Ende des Monats brauchen die griechischen Banken deutlich mehr Eigenkapital. Nicht alle werden private Geldgeber finden.

Athen - Die seit Monaten diskutierte und mehrfach aufgeschobene Rekapitalisierung der griechischen Banken soll bis Ende dieses Monats abgeschlossen sein. Diese Frist setzt die Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds. Gemeinsam vertreten sie Griechenlands internationale Geldgeber. Für die beiden größten Institute, die National Bank of Greece (NBG) und die Eurobank, hat damit ein nahezu aussichtsloser Wettlauf gegen die Zeit begonnen. Wenn sie die Verstaatlichung vermeiden wollen, müssen sie in den kommenden zwei Wochen privates Kapital in Höhe von knapp 1,6 Milliarden Euro auftreiben. Die Chancen, dass ihnen dies gelingen könnte, gelten als gering.

Die griechischen Banken hatten durch den Schuldenschnitt vom März 2012 fast ihre gesamte Kapitalbasis verloren. Milliardenverluste durch faule Kredite haben seither weiteres Kapital aufgezehrt. Von den vier systemrelevanten Banken – NBG, Eurobank, Alpha Bank und Piraeus Bank – hat nur noch die Alpha Bank eine nennenswerte Kernkapitalquote von 8,8 Prozent. Alle anderen Institute haben negative Eigenkapitalquoten. Für die Rekapitalisierung der vier großen Banken stehen im zweiten Griechenland-Rettungspaket bis zu 50 Milliarden Euro zur Verfügung. Davon hatten die Institute vergangenes Jahr als Überbrückung bereits 18 Milliarden erhalten. Jetzt sollen die Kernkapitalquoten der Banken mit weiteren 27,5 Milliarden auf die vorgeschriebene Höhe von neun Prozent gebracht werden. Die Gelder werden über den griechischen Bankensicherungsfonds HFSF vergeben, der dafür neue Aktien der Institute erhält.

Um ihren privaten Charakter zu wahren, sollen die Banken mindestens zehn Prozent der benötigten Gelder im Rahmen einer Kapitalerhöhung von privaten Anlegern einsammeln. So ist es mit der Troika und der griechischen Zentralbank vereinbart. Alpha Bank und Piräus Bank sind zuversichtlich, die benötigten Mittel aufbringen zu können. Alpha benötigt einen Eigenanteil von 457 Millionen Euro, bei der Piraeus Bank entspricht er einem Betrag von 730 Millionen Euro.

Anders sieht es bei der National und der Eurobank aus: Sie müssen 976 und 584 Millionen Euro auftreiben, um die Zehnprozentquote zu erfüllen. Bei der NBG entspricht der benötigte Eigenanteil immerhin 130 Prozent des aktuellen Börsenwerts. In Athener Finanzkreisen gilt es als sehr unwahrscheinlich, dass sich private Anleger finden, die genügend Kapital zuschießen. Kompliziert ist die Situation der beiden Institute, weil sie im vergangenen Jahr eine Fusion vereinbart hatten. Im Januar hatten die griechische Kapitalmarktkommission und die Zentralbank grünes Licht für den Zusammenschluss gegeben, im Februar stimmten die Hauptversammlungen der Fusion zu. In einem Aktientausch gingen vergangenen Monat 84 Prozent der Eurobank-Aktien an die NBG. Doch vor wenigen Tagen stoppte die Troika den bereits weit fortgeschrittenen Zusammenschluss der beiden Banken. NBG und Eurobank sollen getrennt rekapitalisiert werden, so die Forderung der Troika. Eine vorherige Fusion hätte den Kapitalbedarf erhöht, argumentieren die Vertreter der internationalen Geldgeber. Außerdem meldeten sie Bedenken an, weil die Bilanzsumme des neuen Instituts mit 178 Milliarden Euro annähernd der Jahreswirtschaftsleistung Griechenlands von 183 Milliarden entsprochen hätte. Vor dem Hintergrund des Banken-Desasters auf Zypern gilt diese Größenordnung offenbar als zu riskant. Damit ist die Fusion wohl nicht nur aufgeschoben sondern abgesagt.

Auch das dürfte es den beiden Banken schwermachen, privates Kapital zu besorgen, obwohl die Vorstände der beiden Institute die Hoffnung noch nicht aufgegeben haben. Kommt es zu einer Rekapitalisierung allein aus öffentlichen Geldern über den HFSF, hätte das dramatische Folgen für die Altaktionäre. Sie würden praktisch enteignet. So würde sich der 84-Prozent-Anteil der NBG an der Eurobank über Nacht auf drei Prozent verringern. Über kurz oder lang würden die beiden Institute überdies in ausländische Hände fallen: Aus Verhandlungskreisen ist zu hören, die Troika fordere, nach der Rekapitalisierung größere Aktienpakete der beiden Banken an „seriöse Investoren mit einschlägiger Erfahrung“ zu verkaufen – also an ausländische Großbanken. Dabei drängen die internationalen Geldgeber zum Handeln. Dem Vernehmen nach soll der Verkauf möglichst schnell, am besten noch im Herbst, erfolgen. Gerd Höhler

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