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Wirtschaft: Kein Maulkorb von Mehdorn

Bahn prozessiert gegen Kritiker ihrer Tarife – noch ohne Erfolg

Hamburg/Berlin. Richter Andreas Buske stellte gleich zu Beginn die Sinnfrage. „Ist das denn alles noch so interessant, jetzt wo die Bahn selber beim Preissystem zurückrudert?“, fragte er die streitenden Parteien. Durchaus, entgegneten die Parteien, die Deutsche Bahn AG und der Fahrgastverband Pro Bahn. Und so begannen sie vor dem Landgericht Hamburg einen Streit, der sich noch über Monate hinziehen könnte, dessen Anlass beim Urteilsspruch aber kaum einen Bahnkunden noch interessieren dürfte.

Es geht um die neuen Preise der Bahn. Im Dezember 2003 hatte der Konzern, begleitet von viel Werbung und noch mehr Kritik, seine neuen Tarife in Kraft gesetzt. Pro Bahn, eine Vereinigung von 5000 wackeren Bahnfahrern, gingen sie jedoch gegen den Strich. In vielen Interviews machte Verbandschef KarlPeter Naumann seinem Ärger Luft: Zu abschreckend, zu teuer und zu kompliziert sei das System, befand er – nicht einmal die Verkäufer in den Reisezentren verstünden die Rabatte. Und verstieg sich gar zu dem Vorwurf, jeder zweite Kunde zahle zu viel.

Da platzte Bahnchef Hartmut Mehdorn der Kragen. Er war ohnehin auf Naumann schlecht zu sprechen. Grund: Er hatte dessen Verband im Verdacht, während der Vorbereitung der Bahn-Tarife Konzerninterna an die Presse lanciert zu haben, obwohl das Preissystem noch gar nicht fertig war. Eine Einstweilige Verfügung sollte Naumann stoppen – unter Androhung von 250 000 Euro Ordnungsgeld, sollte er die Vorwürfe wiederholen.

Das hat er bislang nicht getan. Prozessiert wird dennoch – Bahn und Verband geht es um Grundsätzliches. „Wir berufen uns auf die Meinungsfreiheit“, sagt Pro-Bahn-Anwalt Lothar Neuhoff. „Es darf nicht so weit kommen, dass der Bahn-Vorstand entscheiden darf, was gesagt werden darf und was nicht.“ Notfalls will er dies vorm Bundesverfassungsgericht einklagen. Die Bahn hält dagegen. „Wir können mit Kritik leben, aber nicht mit der Aussage, wir würden unsere Kunden übers Ohr hauen“, entgegnete Bahn-Justiziar Christian Schreyer. Geeinigt haben sie sich am Freitag nicht. Eine Entscheidung soll es am 1. August geben. Für die Kunden dürfte das keine Rolle spielen. Nach der massiven Kritik am Tarifsystem überarbeitet die Bahn es nun doch und will Änderungen präsentieren – bereits Anfang Juli. brö/dpa

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