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Bloß kein Aberglaube. In Finanzdingen helfen weder Glücksschwein noch Zaubersteine. Doch einen vertrauenswürdigen Experten zu finden, kann für Kunden zu einem Spießrutenlauf werden. Wer sich zum Honorarberater weiterbildet, stößt in eine Marktlücke. Foto: ddp

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Wirtschaft: Keine Glückssache

Wie man sein Geld anlegen soll, wissen Honorarberater. Der junge Berufsstand arbeitet ohne Provision – und wird immer beliebter.

Wer am Bankschalter einen Kunden bei finanziellen Entscheidungen berät, steckt in der Zwickmühle: Eigentlich sollte er nur Produkte empfehlen, die auf die individuelle Situation des Kunden zugeschnitten sind. Doch weil der Berater vom Anbieter Provisionen kassiert, rät er am liebsten zu Versicherungen, Fonds oder Sparverträgen, die ihm persönlich den höchsten Gewinn bescheren. Und die Provisionen sind hoch: Verkauft der Berater eine Lebensversicherung mit einer monatlichen Prämie von 100 Euro und 30 Jahren Laufzeit, so kassiert der Vermittler vierstellige Provisionen dafür.

Hier schlägt die Stunde der Honorarberater. Wie der Name schon sagt, berät dieser noch sehr junge Berufsstand Menschen in finanziellen Angelegenheiten gegen Honorar. Die Provisionen der Anbieter gibt er an den Kunden weiter. Honorarberater können also unabhängig beraten. Um die Höhe der Provision den Kunden deutlich zu machen, setzt Deutschland auf Transparenz. So sollen Bankkunden umdenken, wenn sie schwarz auf weiß lesen, wie teuer die Vermittlung von Fonds oder Versicherungen via Provision in Wahrheit ist.

„Wer heute in Deutschland Honorarberater werden will, braucht eine gehörige Portion Idealismus“, bedauert Marko Lützel, der sich vor acht Jahren in Berlin als Honorarberater selbständig gemacht hat. Denn er arbeite zwar in dem Bewusstsein, dem Kunden oft sinnvollere Empfehlungen zu geben als ein Bankberater, der auf Provisionsbasis arbeite. Doch viele Kunden schreckt das Stundenhonorar von aktuell zwischen 75 und 150 Euro pro Stunde davor ab, einen Berater aufzusuchen. Und zahlen eher 1500 Euro für die erwähnte Lebensversicherung mit 30 Jahren Laufzeit, die dann von den monatlichen Versicherungsprämien einbehalten werden – statt eines Honorars von ein paar Hundert Euro.

Wer sich als Honorarberater selbständig mache, weiß Lützel, stehe deshalb zunächst einmal vor einer finanziellen Durststrecke. Denn es brauche seine Zeit, einen gewissen Bekanntheitsgrad und einen Kundenstamm aufzubauen: „Ein Beruf, mit dem man schnell reich wird, ist das nicht.“ Entschädigung dafür sei die Gewissheit, dass nur die provisionsfreie Beratung den Menschen wirklich zur passenden Geldanlage verhelfe. Und: Ein Honorarberater ist hierzulande eine Art Pionier, der früher oder später sehr gefragt sein könnte.

Der Weg zum Honorarberater ist vielfältig. Basis der selbständigen Tätigkeit sind nach der neuen, ab November geltenden Finanzanlagenvermittler-Verordnung neben der Gewerbezulassung, geordneten Vermögensverhältnissen und einem einwandfreien Leumund auch eine Berufshaftpflicht und ein Sachkunde-Nachweis, der eine Prüfung bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) voraussetzt. Wer bereits über einen Hoch- oder Fachhochschulabschluss mit besonderem Finanzbezug oder eine entsprechende praktische Erfahrung von mindestens einem Jahr verfügt, benötigt den Nachweis nicht. Anerkannt wird etwa eine einjährige Weiterbildung zum Finanzfachwirt an der Fachhochschule, eine Ausbildung zum Bankfachwirt, zum Investmentfondskaufmann oder Ähnliches. Doch wer nur über Basisqualifikationen verfügt wie das Vermitteln von Finanzanlagen oder Versicherungen, wird sich als Honorarberater vermutlich schwer tun.

„Die Kunden achten immer öfter auf die Kompetenz der Berater und fragen nach der Ausbildung“, sagt Lützel. Wer hier mehr vorzuweisen habe als die vom Gesetzgeber vorgeschriebenen Basics und praktische Erfahrungen mit breiten theoretischen Grundlagen verbinde, werde leichter das Vertrauen der Kunden gewinnen. Er selbst habe nach einer Banklehre an der Uni Betriebswirtschaft studiert und vier Jahre praktische Erfahrung bei der Kundenberatung in einer Sparkasse und an der Börse gesammelt. Viele Honorarberater empfehlen eine Zusatzausbildung, die in der Branche als eine Art Eintrittskarte in die Champions League des Berufstandes gilt: Die Qualifizierung als „Certified Financial Planner“ (CFP), die berufsbegleitend absolviert werden kann.

Das CFP-Zertifikat gilt als Ausdruck bester Qualifikation und Seriosität und ist zudem international anerkannt. Angeboten wird es aktuell nur von drei Bildungsinstitutionen in Deutschland: Der Frankfurt School of Finance and Management, der MLP Corporate University in Wiesloch und der European Business School in Oestrich-Winkel. Letztere bildet beispielsweise binnen eines Jahres mit 44 Präsenztagen und zum Preis von 14 880 Euro zum Finanzökonomen aus. Die Zertifizierung zum CFP übernimmt dann nach einer Prüfung das Financial Planning Standards Board. Ein zertifizierter Finanzplaner kann, muss jedoch nicht als Honorarberater arbeiten, ist jedoch hohen ethischen Standards verpflichtet, die auch geprüft werden.

Wer eine speziell in Richtung Honorarberatung orientierte Zusatzausbildung sucht, wird ebenfalls bei privaten Universitäten fündig: So bietet die Business School in Oestrich-Winkel ein Zertifikat Honorarberatung an, das berufsbegleitend und kostenpflichtig mit fünf Präsenztagen an der Uni absolviert werden kann. Ein akademischer Studienabschluss wird nicht vorausgesetzt. Das IFH Institut für Honorarberatung in Amberg wiederum bildet zusammen mit der Berliner Steinbeis-Hochschule binnen vier Monaten zum „Geprüften Honorarberater IFH“ und zum „Certified Fee Based Financial Advisor“ fort. Der Lehrgang baut auf Vorqualifikationen wie dem CFP oder dem Fachwirt für Finanzberatung auf und vermittelt vor allem Spezialwissen für die erfolgreiche Etablierung als Honorarberater am Markt: Informationen zu den Themen Marketing, ethische Grundsätze und die Ausarbeitung eines Businessplans.

Wer als selbständiger Honorarberater Erfolg haben will, benötigt also eine gute Ausbildung, praktische Erfahrung, sollte kontaktfreudig sein und wie jeder Freiberufler keine Scheu vor der Selbst-Vermarktung haben. Weil die überwältigende Mehrheit der Bankberater auf Provisionsbasis arbeitet, wird Selbständigkeit auch die Regel sein. Einzig die Berliner Quirin-Bank arbeitet ausschließlich mit Honorar-Modellen. Die etwa 100 Honorarberater schildern auf der Homepage der Bank detailliert ihren Werdegang und vermitteln damit, welche Anforderungen mit einer Festanstellung als Honorarberater verbunden sind. Die meisten von ihnen sind ausgebildete Bankkaufleute, manche verfügen zusätzlich über eine akademische Ausbildung, etwa als Betriebswirte. Seit kurzem arbeiten auch die Online-Banken Comdirect und Consors mit Honorarberatung, allerdings nur wahlweise. Der Markt für Honorarberater bleibt also eng – noch.

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