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Wirtschaft: "Keine Kredite nach Gießkannenprinzip"

MOSKAU (mzi).Wenn Bundeskanzler Schröder heute zu seinem ersten Staatsbesuch nach Rußland kommt, wollen deutsche Wirtschaftsvertreter die Gelegenheit nutzen, ihm über die Lage vor Ort zu berichten.

MOSKAU (mzi).Wenn Bundeskanzler Schröder heute zu seinem ersten Staatsbesuch nach Rußland kommt, wollen deutsche Wirtschaftsvertreter die Gelegenheit nutzen, ihm über die Lage vor Ort zu berichten.Denn anders als Vorgänger Helmut Kohl, der den Nöten deutscher Firmen in Rußland kaum Beachtung schenkte, will sich Schröder am Dienstag mit Geschäftsleuten zusammensetzen und über Probleme und mögliche Chancen reden.

Reiner Hartmann, Vorstandsmitglied im Verband der deutschen Wirtschaft und Leiter der Moskauer Ruhrgas-Repräsentanz, sieht gerade durch die Finanzkrise Perspektiven für deutsche Unternehmen: "Wir beobachten in der russischen Regierung derzeit eine Abkehr von der Fixierung auf amerikanische Rezepte und eine stärkere Orientierung auf Europa."

Zugleich warnt er aber vor einer Kreditvergabe nach dem Gießkannenprinzip.Eine zielgerichtete Politik erhofft sich Hartmann aber auch von der neuen Bundesregierung, die "realistischer" an die Gestaltung der Beziehungen herangehen müsse.Zu hören bekommen wird der Bundeskanzler auch die Forderungen der Investoren.So mahnt die Gemeinde der Ausländer seit Jahren ein verläßliches Rechtssystem, einen entrümpelten Steuerkodex und einen entschlossenen Kampf gegen die Korruption an.

Da Probleme von Investoren vor allem auf Intervention von höchster Stelle gelöst werden, kommt dem Kanzler-Besuch zentrale Bedeutung zu.Die USA hatten schon mehrfach vorexerziert, wie sich politische Einflußmöglichkeiten im Geschäftsalltag einsetzen lassen.Rückendeckung wünschen sich deutsche Investoren, die in jüngster Zeit eine feindselige Haltung gegenüber ausländischen Unternehmen festgestellt haben.Das aktuellste Beispiel lieferte der fränkische Baustoffhersteller Knauf, der über den Erwerb einer Firma in Nischnij Nowgorod in einen polemisch geführten Rechtsstreit verwickelt ist.Die Schröder-Visite spielt sich ökonomisch vor einem spürbar reduzierten Handelsaustausch beider Länder ab.Die Finanzkrise belastet den Warenaustausch, obgleich sich dies in den Statistiken kaum niederschlägt.Das Handelsvolumen stieg in den ersten sieben Monaten des Jahres um 4,7 Prozent auf 18,9 Mrd.DM.

Für Investitionen gäbe es noch Spielraum, da etwa der 98er Hermes-Plafonds in Höhe von 1,5 Mrd.DM nur zu zwei Drittel ausgeschöpft ist.Doch nach dem Finanzkollaps kann Rußland kaum noch Sicherheiten bieten, die von der Hermes-Kreditversicherungs-AG akzeptiert werden.In Gang kommen könnte dagegen die Bankenberatung - eine Initiative, die noch von Helmut Kohl angestoßen worden war.Rund 40 deutsche Experten sollen in Rußland bei der Umstrukturierung des Bankenwesens helfen.

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