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Wirtschaft: „Keine Putzfrau muss hinter Gitter“

Eberhard Haake über seinen Job als Chef-Kontrolleur

Müssen jetzt alle Schwarzarbeiter in Deutschland fürchten, von Ihnen erwischt zu werden?

Auf jeden Fall wird durch das neue Gesetz die Arbeit unserer Behörde erheblich erleichtert, weil wir künftig mehr dürfen. So können bald die meisten unserer Mitarbeiter im Außendienst polizeiliche Vollzugsrechte, wie Vernehmungen oder Festnahmen, wahrnehmen, auch wenn sie keine Beamten sind.

Glauben Sie, dass Sie so die Schwarzarbeit in Deutschland abschaffen können?

Nein, das wäre vermessen. Um das Phänomen Schwarzarbeit wirkungsvoll zu bekämpfen, braucht es auch flankierende Maßnahmen von Seiten der Politik.

Zum Beispiel?

Zum Beispiel steuerliche Anreize, wie die Abgabenbegünstigung für geringfügige Beschäftigung durch das Minijob-Gesetz. Oder was kaum jemand weiß: Seit 2003 können für einfache Leistungen im Haushaltsbereich, wie etwa Garten- oder Malerarbeiten, bis zu 600 Euro von der Steuerschuld abgesetzt werden. Soweit finanzierbar, könnten wir von solchen Gesetzen mehr brauchen, denn so wird Schwarzarbeit zunehmend unattraktiv.

Ihre Behörde gibt es erst seit Jahresanfang. Haben Sie schon Erfolge zu vermelden?

Ja, wir hatten neben Tausenden von aufgedeckten Betrugsfällen spektakuläre Ermittlungserfolge, der Größte davon mit einem aufgedeckten Schaden von 35 Millionen Euro. Und dann haben wir noch Schwerpunkteinsätze durchgeführt.

Welche?

Wir nehmen uns im Abstand von etwa acht Wochen jeweils eine Branche vor und die wird dann bundesweit kontrolliert. Bei so einer Aktion sind bis zu 2000 Fahnder gleichzeitig im Einsatz. Zuletzt haben wir die Kurierdienste durchleuchtet. Bei fast 20 Prozent der kontrollierten Personen bestand der Verdacht auf Schwarzarbeit.

Wie viele Leute arbeiten in Ihrer Behörde?

Wir sind 5100, und ein ziemlich bunt gemischter Verein. 2500 Mitarbeiter waren schon vor dem 1. Januar beim Zoll, 2600 sind aus der Bundesarbeitsagentur dazu gekommen.

Nun sollen Sie noch 2000 Leute von Telekom, Post und Bahn übernehmen. Wie macht man aus einem Lokführer einen Zollfahnder?

Das ist schon eine Herausforderung. Schließlich müssen wir ein einheitliches Know-how sicherstellen, das geht von der Anwendung der Strafprozessordnung bis hin zum Umgang mit der Schusswaffe. Das funktioniert nur über intensive Schulungen und mehrmonatige Lehrgänge.

Bisher haben wir nur über gewerbliche Schwarzarbeit gesprochen. Was aber ist mit Putzfrauen oder Gärtnern, die von Privathaushalten illegal beschäftigt werden?

Die spielen bei unserer Fahndungsarbeit nur eine untergeordnete Rolle. Mein Job ist es nicht, Deutschlands Putzfrauen hinter Gitter zu bringen, sondern die organisierte Schwarzarbeit aufzudecken.

Hans Eichel hofft durch das neue Gesetz und die Arbeit Ihrer Behörde, eine Milliarde Euro mehr in die Kasse zu bekommen. Halten Sie das für realistisch?

Diese Summe ist dann realistisch, wenn unsere gesamten Tätigkeitsfelder in die Rechnung einbezogen werden. Zum einen unsere Ermittlungsarbeit, allein im vergangenen Jahr haben wir dabei eine Schadenssumme von 348 Millionen Euro aufgedeckt. Zum anderen muss aber auch unsere Präventionsarbeit dazugerechnet werden, mit der wir verhindern, dass noch mehr schwarz gearbeitet wird.

Also Leute, die eigentlich die Absicht hatten schwarz zu arbeiten, und es dann aus Furcht vor Ihrer Behörde sein lassen?

Es ist doch so: Je mehr Fahndungserfolge wir erzielen, desto höher wird das Risikopotenzial für Unternehmen und Auftraggeber, die Schwarzarbeiter beschäftigen. Und diese abschreckende Wirkung ist nicht zu unterschätzen.

Und wie wollen Sie diese gar nicht erst begangene Schwarzarbeit in Zahlen fassen?

Das geht natürlich nicht. Aber neben Abschreckung setzen wir auch auf einen Bewusstseinswandel in Deutschland, schließlich geht es um die Sicherung unseres sozialen Systems.

Das Gespräch führte Dagmar Rosenfeld

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