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Wirtschaft: Keiner will für Mobilcom-Rettung zahlen

Die KfW sperrt sich/Andere UMTS-Lizenzkäufer verlangen jetzt auch Geld von der Bundesregierung

Berlin (asi/vis/dpa). Das Engagement der Bundesregierung zur Rettung von Mobilcom ruft immer größeren Widerstand hervor: Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) sträubt sich gegen das Geschäft. Die finnische Regierung verlangt von der Bundesregierung die Rückzahlung der 50,5 Milliarden Euro an alle Firmen, die im Jahr 2000 eine Lizenz für die neue Mobilfunktechnik UMTS ersteigert haben. Zuvor hatten auch die niederländische KPN und der Mobilfunkanbieter O2 angekündigt, die einseitige Unterstützung des Wettbewerbers Mobilcom nicht hinnehmen zu wollen. Unterdessen arbeitet der Konzern weiter am Sanierungsplan.

Mobilcom war in Liquiditätsschwierigkeiten gekommen, als der Partner France Télécom Ende vergangener Woche die Zahlungen für das Unternehmen eingestellt hatte. France Télécom ist mit 28,5 Prozent an Mobilcom beteiligt und hatte in einem Kooperationsvertrag aus dem Jahr 2000 die Finanzierung der 8,4 Milliarden teuren UMTS-Lizenz und des UMTS-Netzaufbaus zugesichert. Diesen Vertrag hat France Télécom, die mehrheitlich dem französischen Staat gehört, aber gekündigt, was Mobilcom als auch die Bundesregierung für unzulässig halten.

Am Sonntag hatte Bundeswirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) Kredite von insgesamt 400 Millionen Euro zur Unterstützung für Mobilcom angekündigt. 320 Millionen Euro sollen von der KfW kommen. Inzwischen spitzt sich der Streit der Regierung mit der KfW zu. Zur Prüfung der Kreditwürdigkeit von Mobilcom durch die KfW sagte eine Sprecherin von Finanzminister Hans Eichel am Mittwoch, „wir gehen nicht davon aus, dass die KfW zu einem negativen Ergebnis kommt“. Das öffentliche Institut will Mobilcom die 320 Millionen Euro nur als „banküblichen“ Kredit geben. Dazu müsste entweder das Unternehmen ausreichend eigene Sicherheiten nachweisen oder der Bund eine Bürgschaft übernehmen. Ein KfW-Sprecher wies eine Einflussnahme des Finanzministeriums auf die Prüfung zurück. „Wir prüfen bankmäßig“, sagte er dem Tagesspiegel, „das Finanzministerium gibt eine politische Stellungnahme ab“.

Hintergrund der Auseinandersetzung ist die Furcht der Bundesregierung, für die Mobilcom-Kredite eine Bürgschaft abgeben zu müssen. In dem Fall wäre die Hilfe eine Beihilfe, die die EU-Kommission wahrscheinlich nicht billigen würde. Eine Notifizierung hat die Bundesregierung gleichwohl der Kommission angekündigt. Dass die Regierung um eine Haftungsübernahme wohl nicht herumkommen wird, verlautete indes aus Kreisen des Finanzministeriums. Der Grund: Der Mobilcom-Kredit ist ein „Zuweisungsgeschäft“ an die KfW. Und solche Zuweisungen von Krediten durch die Bundesregierung, so hieß es bei der KfW, seien „noch niemals in der Geschichte der KfW ohne Bundesbürgschaft abgewickelt worden“.

Hanns-Eberhard Schleyer, Generalsekretär des Handwerksverbandes ZDH und im Verwaltungsrat der KfW, warnte die Regierung vor allzu großer Einflussnahme auf die Bank. Er werde „sehr intensiv prüfen, ob der Mobilcom-Kredit den Grundsätzen der Förderbank entspricht“, sagte er dieser Zeitung.

Am Mittwochmittag ist Bundeswirtschaftsminister Müller noch einmal mit Mobilcom-Chef Thorsten Grenz und dem Mobilcom-Aufsichtsratsmitglied Dieter Vogel zu einem einstündigen Gespräch zusammengekommen. Vogel soll mit der französischen Regierung über eine einvernehmliche Lösung zwischen France Télécom und Mobilcom verhandeln. Thema des Gesprächs sei daher die Strategie gewesen, mit der Vogel in die Verhandlungen mit den Franzosen gehen solle, hieß es im Ministerium.

Im Ministerium sieht man der Kritik der Wettbewerber und aus dem Ausland gelassen entgegen. Der finnische Kommunikationsminister Kimmo Sasi hatte am Mittwoch die Rückzahlung der 50,5 Milliarden Euro für die UMTS-Lizenzen in Deutschland verlangt. Sasi kritisierte die Bereitstellung von Geldern für Mobilcom aus Berlin. Die Bundesregierung müsse nun Ähnliches auch für alle anderen Inhaber der insgesamt sechs deutschen UMTS-Lizenzen leisten.

Finnen fordern Milliarden zurück

Finnland ist selbst betroffen, weil das halbstaatliche finnische Unternehmen Sonera als Anteilseigner von Quam auch eine Lizenz erworben hatte. Quam hat den aktiven Geschäftsbetrieb in Deutschland inzwischen eingestellt, Sonera vier Milliarden Euro für die Lizenz abgeschrieben. Das Bundeswirtschaftsministerium wies die Forderung zurück. „Natürlich gehen wir nicht darauf ein“, sagte ein Sprecher. Es sei eine unternehmerische Entscheidung der beteiligten Firmen gewesen, so viel Geld auszugeben.

Noch gibt es offiziell keine Angaben, wie viele Stellen bei der Sanierung von Mobilcom gestrichen werden müssen. In Aufsichtsratskreisen hieß es, im Geschäft mit Mobilfunkverträgen gehe es um einen Abbau von 800 Stellen, in der UMTS-Sparte um 500 bis 600 Stellen. Das wollten jedoch weder Mobilcom noch Gewerkschaftskreise bestätigen. An dem Sanierungsplan werde noch gearbeitet, hieß es. Die für Mittwoch angekündigte Unterrichtung des Betriebsrates über den Sanierungsplan wurde verschoben.

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