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Kernenergie: EnBW heizt Atom-Streit an

Der Antrag des baden-württembergischen Energiekonzerns EnBW auf eine längere Laufzeit für das 30 Jahre alte Atomkraftwerk Neckarwestheim I hat den Streit zwischen Befürwortern und Gegnern der Kernenergie neu entfacht.

Berlin/Stuttgart - Politiker von Grünen und SPD warfen dem Unternehmen vor, den Atomausstieg aufzukündigen. Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) stellte sich dagegen auf die Seite von EnBW und äußerte die Erwartung, dass die Bundesregierung dem Ansinnen zustimmt. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) kündigte an, den Antrag "nach Recht und Gesetz" zu prüfen.

Mit dem am Donnerstag eingereichten Antrag folgte die EnBW dem Unternehmen RWE, das bereits im September eine Laufzeitverlängerung für das hessische Atomkraftwerk Biblis A gestellt hatte. EnBW-Chef Utz Claassen führte sowohl wirtschaftliche als auch umweltpolitische Gründe an. "Wir betreiben keine wahltaktische Kosmetik", betonte er. Der Antrag fördere die Versorgungssicherheit und diene auch dem Klimaschutz. Es wäre "fatal", durch weitere AKW-Abschaltungen "fossile Energiestrukturen" zu zementieren.

"Mühsam erzielter Kompromiss wird ausgehebelt"

Grünen-Chef Reinhard Bütikofer warf dem Unternehmen vor, den "zweitältesten Schrottmeiler der Republik" über die nächste Bundestagswahl retten zu wollen - in der "trügerischen Hoffnung", ihn dann weiterbetreiben zu können. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast sprach von einem Bruch des Ausstiegsvertrages.

Auch in der SPD sorgte der Vorstoß für Unmut. Die baden-württembergische SPD-Chefin Ute Vogt sagte, der Konzern verlasse damit den Atomkonsens. Die politische Stoßrichtung ziele eindeutig darauf ab, den mühsam erzielten Kompromiss auszuhebeln. Oettinger betonte hingegen, der Antrag bewege sich "im Rahmen des geltenden Gesetzes". Der baden-württembergische CDU-Fraktionschef Stefan Mappus erklärte, wenn der Klimaschutz ernst genommen werde, gebe es "derzeit zur Kernkraft keine Alternative".

Claassen erwartet Gabriels Zustimmung

Gabriel äußerte sich vorerst nicht zu den Chancen des Antrags. Er verwies lediglich darauf, dass eine Übertragung von neueren auf ältere Atomkraftwerke nur als Ausnahme möglich sei und die Antragsprüfung wesentlich von der Qualität der vorgelegten Unterlagen abhänge. Kritisch äußerte sich dagegen der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesumweltministerium, Michael Müller (SPD). Der Antrag scheine gegen den Geist des Ausstiegsgesetzes zu verstoßen, sagte er.

Neckarwestheim I soll eigentlich spätestens 2009 vom Netz gehen. Die EnBW will nun Strommengen vom jüngeren Reaktor Neckarwestheim II auf den älteren übertragen und so dessen Laufzeit auf 2017 verlängern. Claassen sprach von einem "wichtigen Tag für die deutsche Energiewirtschaft". Er geht davon aus, dass Gabriel "dem Antrag stattgeben muss". (Von Tanja Wolter, ddp)

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