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Wirtschaft: Kino an der Börse: Die Glamour-Branche glänzt wieder

Die Spannung am Neuen Markt steigt wieder. Für den nötigen Thrill sorgen die Film- und Kinoaktien.

Die Spannung am Neuen Markt steigt wieder. Für den nötigen Thrill sorgen die Film- und Kinoaktien. Nicht erst die Berlinale, die an diesem Mittwoch feierlich am Potsdamer Platz eröffnet wird, weckt das Interesse der Anleger an der Glamour-Branche. Es sind die teilweise verlockend kräftigen Kursgewinne, die die Werte seit Jahresanfang vorzuweisen haben. Constantin, Senator, Kinowelt - die Großen im Filmgeschäft haben nach den drastischen Kursverlusten des vergangenen Jahres an der Börse wieder bessere Karten. Am Branchenindex Media & Entertainment des Neuen Marktes lässt sich der Trend ablesen. Notierte der Index Anfang Januar noch um mehr als 80 Prozent unter seinem im vergangenen Frühjahr erreichten Höchststand, geht es seitdem wieder bergauf.

Die Filmfirmen gehen - teils notgedrungen - mit viel Optimismus ins neue Kinojahr. Fehlte 2000 noch ein Kassenschlager wie im Jahr zuvor "Titanic", soll in diesem Jahr alles besser werden. Die Marktführer finden zu ihrem Selbstbewusstsein zurück: Constantin-Chef Bernd Eichinger präsentiert zur Berlinale-Eröffnung den in Babelsberg gedrehten Millionen-Streifen "Enemy at the Gates", Kinowelt bringt in diesem Jahr "Herr der Ringe" in die Kinosäle, Hanno Huth von Senator Entertainment erwartet einen Rekordgewinn und ein "glänzendes Kinojahr".

Die Zuversicht ist nicht unbegründet. Auch ohne einen großen Publikumsmagneten aus Hollywood zog es im vergangenen Jahr so viele Menschen ins Kino wie nie zuvor. Nach Angaben der deutschen Filmförderungsanstalt (FFA) stieg die Zahl der Kinobesuche auf 152,5 Millionen. Dies entspreche im Vergleich zu 1999 einem Plus von 2,4 Prozent. Zugleich sei der Umsatz der deutschen Filmtheater um zwei Prozent auf 1,61 Milliarden Mark gestiegen. Der Marktanteil deutscher Produktionen habe bei 12,5 Prozent gelegen, nach 14 Prozent im Vorjahr.

Erfolgreichster Film in den deutschen Kinos war der FFA zufolge die Hollywood-Komödie "American Pie" des Regisseurs Paul Weitz, für die mehr als 6,1 Millionen Karten verkauft wurden. Deutscher Verleiher: Constantin Film. "Bernd Eichinger hat die richtigen Kontakte und zählt zu den Etablierten des Neuen Marktes", sagt Volker Bosse, Analyst für Medienaktien bei der Hypo-Vereinsbank. Bosse stuft die Constantin-Aktie (WKN 580 080) als "Outperformer" ein. Das Papier werde 2001 besser laufen als der gesamte Neue Markt. Als strategischen Vorteil wertet Bosse neben den guten Verbindungen nach Hollywood Eichingers direkten Draht zur Kirch-Gruppe, die mit 26 Prozent an Constantin beteiligt ist. Während andere auf teuer eingekauften Filmpaketen sitzen bleiben, weil die TV-Konzerne weniger einkaufen, sichern sich Kirch-Verbündete wie Constantin den Weg durchs Nadelöhr. "Bei denen, die draußen bleiben, werden wir in diesem Jahr noch Enttäuschungen erleben", sagt Volker Bosse voraus.

Einen Vorgeschmack lieferte in der vergangenen Woche der Filmlizenzhändler Advanced Medien AG (WKN 509300). Das Unternehmen, das mit dem Produzenten und Regisseur ("Das Boot") Wolfgang Petersen zusammenarbeitet, ist in akute Finanznot geraten, weil es deutlich weniger Filme verkauft als erwartet. Man sei gezwungen gewesen, bereits verkaufte Filmrechte von Abnehmern zurückzunehmen und Preisnachlässe zu gewähren", teilte Advanced Medien mit. Die Börse reagierte prompt: Die Aktie stürzte ab.

Nöte beim Verkauf von Film-Paketen hat auch die Kinowelt-Medien AG (WKN 628 590). Aber das Unternehmen bleibt vor ernsthaften Liquiditätsproblemen geschützt, weil das Geschäft mit DVDs hervorragend läuft und exklusive Vertriebskanäle in den eigenen Multiplex-Kinos existieren. "Kinowelt hat die kritische Größe überschritten", sagt Analyst Bosse. Das Unternehmen werde allein in diesem Jahr 50 Filme ins Kino bringen und sei mit den öffentlich-rechtlichen Sendern gut ins Geschäft gekommen. Als Qualitätssiegel für Kinowelt werten Analysten zudem den Einstieg der Münchner Rück bei dem Film-Konzern Anfang des Jahres. Mit Ausnahme der Experten von ABN Amro: Sie raten zum Verkauf der Kinowelt-Aktie. Der Münchner-Rück-Deal belege, dass Kinowelt dringend Geld benötige. Kinowelt kontert mit dem Ausblick auf gute Geschäftszahlen, die Ende März präsentiert werden sollen.

Die Mehrheit der Analysten rät zum Kauf der Senator-Entertainment-Aktie (WKN 722 440). Bei einem Kursniveau um die acht Euro sei der Berliner Produzent und Verleiher vergleichsweise niedrig bewertet. Unter Druck könnte Senator allerdings wegen der Dauerkrise bei der Kinokette Cinemaxx geraten, an der die Berliner mit 25,1 Prozent beteiligt sind. Vorstandschef Hanno Huth kündigte in der vergangenen Woche eine "dramatische Umstrukturierung" an. "Die Kosten müssen dramatisch runter."

Als Perle der Branche wird die Münchner Helkon Media (WKN 608050) gehandelt, die die 45-Millionen-Dollar-Romanze "The Mexican" finanzierte und vermarktet. Was Helkon auszeichnet, ist unter anderem eine Vertriebs-Partnerschaft mit dem US-Riesen Buena Vista. Der Vorteil: Buena Vista gewährt zugleich Leo Kirch exklusiv Einblick in die aktuellen Produktionen.

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