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Wirtschaft: Kleinaktionäre fordern die Selbstauflösung einer Firma

"Auf ein Neues, Neuer Markt" möchte der Anleger dem Wachstumssegment der Deutschen Börse eigentlich frohgemut zurufen, wären die vergangenen zwölf Monate nicht als das Jahr der verfehlten Prognosen in die BörsenGeschichte eingegangen. Dazwischen gab es aber auch Kurioses, Hintergründiges und vielleicht Vergessenes.

"Auf ein Neues, Neuer Markt" möchte der Anleger dem Wachstumssegment der Deutschen Börse eigentlich frohgemut zurufen, wären die vergangenen zwölf Monate nicht als das Jahr der verfehlten Prognosen in die BörsenGeschichte eingegangen. Dazwischen gab es aber auch Kurioses, Hintergründiges und vielleicht Vergessenes. Dazu ein etwas anderer Rückblick.

Januar: Kaum waren die letzten Böllern verhallt, tat es am 2. Januar einen weiteren Knall. Die Duisburger Drei-Millionen-MarkBude Microboss verschickt an 600 Medienvertreter ein Übernahmeangebot für die insolvente Gigabell AG, allerdings nicht an die Firma selbst. Gleiches Spiel kurz darauf mit der Online-Partnerbörse Matchnet und dem Software-Entwickler Prout. Da Firmenchef Sudhir Bhatia erst handelte und dann überlegte, blieb es jedes Mal beim Versuch. Die Kurse der Unternehmen hat er jedoch kräftig in die Höhe getrieben.

Februar: Der Merchandising-Anbieter Sunburst hebt seine Prognosen an, beim Software-Unternehmen Lobster läuft das Projektgeschäft angeblich hervorragend. Und Kabel New Media verspricht "Zuwachsraten von 40 bis 70 Prozent". Sunburst tritt im April den Gang zum Insolvenzrichter an, Kabel Anfang Juli und Lobster im Dezember.

März: Die DG-Bank sieht den Nemax zum Jahresende bei 3000 Punkten. Das wäre ein Plus von 40 Prozent. Tatsächlich erzielte das Segemnt ein Minus von 50 Prozent. Die DG-Bank und damit eine der großen Konsortialbanken am Neuen Markt gibt es nicht mehr. Ihre stets optimistischen Prognosen werden uns fehlen.

April: Dass am Neuen Markt aus Mist ein Schweinegeld zu machen ist, ahnten viele. Nun ist es Gewissheit. Mit der Farmatic Biotech Energy AG gibt ein Hersteller von Biogas-Großkraftwerken sein Debüt.

Zahlen am Vatertag

Mai: Kleiner Wert ganz groß: Strategisch günstig veröffentlicht der Online-Buchhändler Buch.de am Vatertag seine Quartalszahlen. Die einzige Unternehmensmeldung an diesem umsatzschwachen Tag. Nie blieb Zeit, Quartalszahlen aufmerksamer zu studieren.

Juni: Buch.de-Konkurrent Mediantis gehören nun die Schlagzeilen: Erstmals fordert die Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre ein Unternehmen zur Selbstauflösung auf. Die verbleibenden 15 Millionen Euro sollen besser unter den Aktionären verteilt werden. Eine mutige Forderung, leider folgten keine weiteren.

Juli: Das Neuemissionsgeschäft der Banken wird in diesem Jahr wegen mangelnder Nachfrage schon sehr früh beendet. Init, ein Software-Spezialist für den Personennahverkehr ist bereits kurz nach der Jahreshälfte der letzte Kandidat.

August: Wolfgang Romberg schmollt. Wegen des schlechten Ergebnisses nimmt der Gründer und Chef des Software-Spezialisten Trius seinen Hut. Doch Romberg bleibt Mehrheitsaktionär. Im November setzt er die Auflösung des Unternehmens durch und sichert sich Millionen aus der Restkasse. Die Millionen, die er vorher in ständigen Neuausrichtungen verbrannt hat, muss er nicht zurückgeben.

September: Der 11. September hinterlässt tiefe Spuren. Wie überall sind auch am Neuen Markt die Kurse plötzlich nicht mehr wichtig. Bereits am 12. September wissen aber zahlreiche Experten, welche Titel in der nächsten Zeit gefragt sein werden.

Oktober: Mit im Internet gestreuten Gerüchten lassen sich Kurse treiben. Eines handelt von der Übernahme des unscheinbaren Software-Spezialisten Wapme. Dessen Kurs legt um 400 Prozent zu. Wapme ist heute noch selbstständig, die Aktie wieder auf Ausgangsniveau.

November: Harry Potter verzaubert auch den Neuen Markt. Zumindest ein bisschen. Aktien von Dino Entertainment sind nach langer Zeit wieder gefragt, da sich das Unternehmen die Merchandising-Rechte gesichert hat. Trotzdem verlässt Dino Ende November den Neuen Markt. Die Entscheidung war lange vorher gefallen.

Dezember: Gutes Geschäft mit schwarzen Schafen. Die Regelverstöße einzelner Unternehmen bringen der Deutschen Börse 900 000 Euro. Kaum anzunehmen, dass es in diesem Jahr weniger werden.

scc, HB

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