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Wirtschaft: Kleinanleger: Börsen wetteifern um Private

Die Frankfurter Börse will sich stärker für Kleinanleger öffnen und im kommenden Jahr eine entsprechende "Retail-Initiative" starten. Eine Sprecherin der Deutschen Börse AG bestätigte am Donnerstag einen Bericht des "Handelsblatts", der aus einem internen Strategiepapier der Börse zitiert.

Die Frankfurter Börse will sich stärker für Kleinanleger öffnen und im kommenden Jahr eine entsprechende "Retail-Initiative" starten. Eine Sprecherin der Deutschen Börse AG bestätigte am Donnerstag einen Bericht des "Handelsblatts", der aus einem internen Strategiepapier der Börse zitiert. Danach ist in Frankfurt eine eigene Plattform nur für Kleinanleger geplant, die auf dem elektronischen Handelssystem Xetra aufbauen solle. Das neue System werde die sofortige Ausführung der Aufträge, eine verlängerte Handelszeit bis 22 Uhr und einen so genannten Best Price garantieren, also den besten zu diesem Zeitpunkt an allen Börsenplätzen erreichbaren Kurs. Zum verbesserten Service für Kleinanleger gehöre ein offenes Orderbuch, in dem die Anleger die Aufträge kontinuierlich verfolgen könnten, sowie eine Service-Hotline und Informationen im Internet.

"Wir schauen uns sowohl das Xetra-System als auch den Parketthandel als mögliche Plattform an", sagte Börsensprecherin Sylvia Herbrich dem Tagesspiegel. Entschieden sei allerdings noch gar nichts. Ein Vorstoß in den Retail-Markt, der privaten Anlegern den direkteren, schnelleren und preiswerteren Zugang zum Handel mit Wertpapieren ermöglichen soll, müsse noch mit den betroffenen Maklerfirmen und Banken sowie den "Technikern" der Börse diskutiert werden. Details sollen in Kürze präsentiert werden, eingeführt werden soll das anlegerfreundliche System frühestens im kommenden Jahr.

Die Deutsche Börse reagiert auf den verstärkten Wettbewerb privater Konkurrenten und einiger Regionalbörsen, die mit verlängerten Handelszeiten, Sekundenhandel und reduzierten Gebühren um die Gunst der Anleger werben. Als größte Schwächen des derzeitigen Angebots in Frankfurt gelten die mangelnde Liquidität kleiner Werte, der frühe Börsenschluss, Lücken im Service-Angebot, Teilausführungen im Xetra-Handel sowie Zeitverzögerungen bei der Order-Ausführung. In den alternativen Börsensystemen sieht die Deutsche Börse eine "ernste Bedrohung für einen wesentlichen Teil" ihres Geschäfts mit den Privatkunden. In dem internen Papier heißt es, das heutige Retail-Angebot erfülle "nicht vollständig die Bedürfnisse der Privatanleger".

Als schärfste Konkurrenten nennt die Börse unter anderem Consors und das elektronische Handelssystem Jiway. Die schwedisch-amerikanische Kooperation Jiway will noch in diesem Monat eine pan-europäische Plattform für 6000 Blue Chips starten. Das Unternehmen gab am Donnerstag in London bekannt, dass die britische Financial Services Authority (FSA) Jiway den Status einer anerkannten Investmentbörse zugesprochen habe. Dies sei der höchste und mit den meisten Auflagen verbundene Status, den die britische Aufsichtsbehörde für Börsenplätze vergebe. "Wir bleiben überzeugte Pioniere beim Aufbau des grenzüberschreitenden Marktes für Privatanleger", kündigte Jiway zugleich an.

Der Direktbroker Consors plant nach der Übernahme der Mehrheit der Berliner Effektengesellschaft, die Berliner Wertpapierbörse zu einer Leitbörse für Privatanleger auszubauen. Einzelheiten des Modells sind bislang nicht bekannt. Es wird damit gerechnet dass die Handelszeiten in Berlin noch einmal deutlich verlängert, die Maklercourtage möglicherweise abgeschafft und Anlegern der Einblick ins Orderbuch ermöglicht werden sollen. Der Geschäftsführer der Berliner Börse, Jörg Walter, reagierte am Donnerstag besorgt auf die Pläne der Frankfurter Börse. Es sei nicht ausgeschlossen, dass eine Neuausrichtung des "überragend großen Wettbewerbers in Frankfurt auf unsere Kosten geht". Angesichts der nun bekannt gewordenen Pläne der Frankfurter Börse werde man "in Kürze" das Berliner Modell einer Online-Börse für Kleinanleger vorstellen.

Jiway legte am Donnerstag zugleich einen kompletten "Roll-Out-Plan" für seine paneuropäischen Börse vor. Nach dem Start des Handels bestimmter Aktien in Großbritannien, Schweden und Frankreich am 17. November 2000 ist für den 18. Dezember der Handel mit Dax-100-Werten in Deutschland geplant. Im Januar 2001 will Jiway in die S-Dax- und Neuer-Markt-Werte einsteigen.

mot

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