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Klein und begehrt. Der Ford Focus, den hier ein Händler in Michigan anpreist, ist für viele Amerikaner ungewohnt klein. Aber in Zeiten der Krise ändert sich der Geschmack.

© Reuters

Kleinwagenrevolte: Wirtschaftskrise sei Dank – Kompaktmodelle statt Spritschlucker

Die großen Geländewagen haben scheinbar ausgedient.– Hybridantrieb und Kleinstmodelle im Aufschwung.

Washington - Gelingt diesmal die Wende? Die Autoverkaufszahlen vom August in den USA nähren erneut die Hoffnung, dass die Amerikaner von den spritschluckenden Geländewagen und Familienvans auf kompaktere Autos umsteigen – teils aus freien Stücken, teils weil die Wirtschaftskrise Kostenbewusstsein erzwingt. Nach schweren Verlusten in den Rezessionsjahren 2008/09 und dem technischen Konkurs der Konzerne General Motors (GM) und Chrysler erfreuen sich amerikanische Autos nun wieder wachsender Beliebtheit. Getrieben wird die Renaissance von einer auffallenden Nachfrage nach kleineren Modellen wie dem Chevrolet Cruze sowie den Ford Focus und Fiesta. Während die Branche im August 2011 gegenüber August 2010 um insgesamt 7,5 Prozent zulegte, wuchs der Absatz von Kompaktwagen zweistellig.

Bei den SUVs verschiebt sich das Interesse von den großen Geländewagen zu kompakteren Hochbeinern. Der Chevrolet Equinox legte um 57,6 Prozent zu, der Ford Escape, der kleinste der Geländewagenreihe des Konzerns, um 38,9 Prozent.

Der Trend der Amerikaner zum kleineren Auto ist in den jüngsten Jahren mehrfach verkündet worden – immer dann, wenn Benzin deutlich teurer wurde, weil der Preis für Rohöl stark stieg oder Hurrikans Bohrinseln und Raffinerien lahmlegten und so die Versorgung vorübergehend bedrohten. Oder wenn Wirtschaftskrisen und wachsende Arbeitslosigkeit den Bürgern Einsparungen abverlangten. Dann ließen viele die großen, schweren Blechkutschen stehen und suchten nach sparsamen Kompaktautos wie zum Beispiel dem Toyota Prius mit Hybridantrieb. Solche Modelle wurden zu Werbestars – doch ihr Verkaufserfolg blieb begrenzt. Sobald der Preis für die Gallone (3,78 Liter) Benzin wieder von über vier Dollar auf unter drei Dollar sank, kehrten die Amerikaner zu den großen Autos zurück.

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Die Entfernungen, die Amerikaner im Auto zurücklegen, sind größer als in Deutschland. Die Besiedlungsdichte ist geringer und damit auch der Druck, den Raum, den ein Auto verbraucht, zum Beispiel beim Parken, zu minimieren. Benzin kostet nur etwa halb so viel, deshalb spielt der Verbrauch eine kleinere Rolle.

Auch im Sommer 2011 ist das Bild gemischt. Der überdurchschnittliche Zuwachs bei bestimmten Kompaktmodellen ist unverkennbar. Aber er wird nicht allein vom Trend zum kleineren Auto getrieben. Zu einem Gutteil stiegen die Käufer von japanischen Kompaktwagen, deren Nachschub unter dem Erdbeben litt, auf amerikanische Modelle derselben Größe um. Die Verkäufe von Toyota gingen um 12,7 Prozent zurück, die von Honda um 24,3 Prozent. Der größte Einzelverlierer war der Toyota Corolla mit minus 19 Prozent.

Insgesamt ist die F-Reihe der Pick-ups von Ford weiter das mit Abstand meistverkaufte Serienmodell in den USA (48 795 verkaufte Exemplare im August 2011). Es folgen der Chevrolet Silverado (36 832), ebenfalls ein Pickup, und dann erst zwei Pkw, beides Autos der oberen Mittelklasse, der Toyota Camry (30 185) und der Nissan Altima (23 016). Unter den dreizehn meistverkauften Modellen ist nur ein einziger Kompaktwagen, der Chevrolet Cruze auf Platz 5 mit 21 087 Exemplaren. Bei Chrysler verzeichnete der Jeep mit plus 58 Prozent den höchsten Zuwachs, auch das kein Spritsparer.

Dennoch: Die Geschmäcker in den USA wandeln sich. Kleinwagen europäischer Anbieter wie der Fiat 500 oder der Smart werden zum Gesprächsthema. Der Mini von BMW und der Beetle von Volkswagen haben nach wie vor Kultcharakter. Aber es dauert, bis sich die Faszination im Kaufverhalten der Masse niederschlägt. Es hat seinen Grund, dass Mercedes die A- und die B-Klasse in den USA nicht anbietet, sondern mit der C-Klasse einsteigt. Und dass Volkswagen sich zwar am Erfolg des Jetta erfreut (14 500 verkaufte Exemplare im August, plus 35,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr), nun aber eine US-Variante des größeren Passat zum Verkaufsschlager machen will.

Das Interesse der Konzerne an einem Kleinwagen-Boom ist begrenzt. Mit größeren Modellen lässt sich leichter Geld verdienen. Damit Chevrolet sein neues Kleinstmodell Sonic überhaupt in den USA produzieren kann, musste die Autogewerkschaft einem Billiglohnmodell zustimmen, das 40 Prozent unter dem Normaltarif liegt. Die Lohnstunde kostet immer noch doppelt so viel, wie Ford bei der Fiesta-Produktion in Mexiko zahlt.

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