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Klima: Zweifel an Biosprit-Quote wachsen

Der Druck auf Bundesumweltminister Gabriel wächst. Der will heute entscheiden, ob die höhere Beimischung kommt.

Berlin - Der Druck auf Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD), die Biokraftstoffstrategie der Regierung aufzugeben, wächst. Die Opposition und die CSU verlangten am Donnerstag ein neues Konzept für den Einsatz von Agrartreibstoffen. Bayerns Umweltminister Otmar Bernhard (CSU) sprach von einer „klimapolitischen Luftnummer“ Gabriels. Er sagte der „Passauer Neuen Presse“, Biomasse solle eher zur Strom- und Wärmeerzeugung eingesetzt werden. Damit schließt er sich den Empfehlungen nahezu sämtlicher Regierungsberater an.

Die Bundesregierung plant, die Beimischungsquote für Benzin und Diesel im kommenden Jahr auf etwa zehn Volumenprozent zu erhöhen, bis 2020 soll er auf 20 Prozent ansteigen. Schon im vergangenen Sommer hatte der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) empfohlen, auf die Erhöhung der Beimischungsquote zu verzichten und Biomasse stattdessen in Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen einzusetzen. Auch der Rat für Nachhaltige Entwicklung sieht einen „Zielkonflikt“. In einer Empfehlung an die Regierung verlangt der Nachhaltigkeitsrat, „die Beimischungsquote zu senken“. Am Donnerstag forderten die Umweltverbände, die „Biokraftstoffstrategie zu beerdigen“, wie BUND-Chef Hubert Weiger sagte.

Doch auch aus technischen Gründen steigt der Druck, die Einführung eines neuen Regelkraftstoffs mit einem Anteil von bis zu zehn Volumenprozent Bioethanol (E10) zumindest zu verschieben. Am Freitag will Sigmar Gabriel eine Entscheidung darüber bekannt geben. Allerdings geht es nur um die Beimischungsquote für Benzin. Die geplante Erhöhung der Beimischungsquote für Diesel auf sieben Volumenprozent ist nicht in Frage gestellt. Dabei gibt es offenbar auch keine technischen Probleme bei den Fahrzeugen.

Am Donnerstag gab der Verband der Automobilindustrie (VDA) bekannt, dass lediglich 189 000 Autos deutscher Hersteller den neuen Sprit E10 nicht vertrügen. „Die deutsche Automobilindustrie hat ihre Hausaufgaben gemacht und Wort gehalten“, sagte VDA-Chef Matthias Wissmann. Doch beim Verband der Internationalen Kraftfahrzeughersteller (VDIK) hieß es, es seien deutlich mehr als eine Million Importfahrzeuge, die mit einer höheren Beimischungsquote von Bioethanol nicht zurechtkämen. Genaue Zahlen lagen beim VDIK weiter nicht vor.

Ein Sprecher des Umweltministeriums sagte, die Mineralölwirtschaft sei nicht gezwungen, 2009 eine höhere Beimischungsquote zu erfüllen, um das schon 2005 beschlossene Biokraftstoffquotengesetz zu erfüllen. Sie könnten auch reine Pflanzenöle oder reines Bioethanol anbieten. Allerdings habe die Mineralölindustrie alle derartigen Versuche zu torpedieren versucht, kritisiert der Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie. Zudem sind solche reinen Biotreibstoffe teurer und ohne Steuerbefreiung wirtschaftlich kaum erfolgreich.

Aber selbst Gabriels Kabinettskollegin, Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) verlangte am Donnerstag zum wiederholten Mal, die „Beimischungsquoten für Agrarkraftstoffe“ auf den „Prüfstand“ zu stellen, schließlich „wird es uns in Deutschland langfristig nicht helfen, wenn unsere Autos mit Agrarkraftstoffen fahren, dafür aber am Äquator Urwald abgeholzt wird“. Tatsächlich hat Gabriel selbst schon vor einigen Wochen gesagt, die Strategie müsse noch einmal diskutiert werden, nachdem mehrere große Gutachten auf negative Effekte des Biospritbooms hingewiesen hatten. Man könne schließlich nicht sagen „Augen zu und durch“, meinte er. deh

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