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Klimaschutz: Die Verantwortung des Konsumenten

Autos, Elektrogeräte und kulinarische Genüsse - die Shopping-Verlockungen sind groß: Klimafreundlich einkaufen ist aber gar nicht so einfach.

Nürnberg - Friedemann Stöckle holt tief Luft. „Es ist eine riesige Verantwortung für den Konsumenten“, sagt der Experte der Nürnberger Marktforschungsgruppe GfK. Für ein Fünftel aller Emissionen des Klimagases Kohlendioxid (CO2) seien hierzulande private Haushalte verantwortlich, und bei der bis 2020 politisch geplanten CO2-Einsparung entfielen mit 11,5 Millionen Tonnen sogar 58 Prozent auf Verbraucher. Die aber tappen beim klimafreundlichen Konsum noch oft im Dunkeln, oder sie verweigern sich.

Das ist der Tenor einer GfK-Tagung in Nürnberg. Die Gründe sind vielfältig. So fehle es bei Lebensmitteln, der größten CO2-Quelle aus privatem Konsum, schlicht an Orientierungshilfen, kritisiert Gfk-Geschäftsführer Thomas Bachl. Verbraucher wüssten nicht, welcher Kauf das Klima wirklich schützt. Handel und Hersteller müssten für Klarheit sorgen, um gezielte Käufe zu ermöglichen. Selbst bei Biolebensmitteln sei die Lage nicht immer klar, warnt Bachl. Werde die Ware mangels Anbaufläche aus fernen Ländern eingeflogen, „dann hat nicht alles, was bio ist, auch eine positive Klimabilanz“, stellt der Konsumforscher klar. Und dass in Deutschland der Fleischkonsum sinke, sei noch kein klimaschützender Trend, sondern Folge gesünderer Ernährung.

Ähnlich sieht das beim Autokauf aus. Statt auf spritsparende Modelle umzusteigen, wollten 54 Prozent der von der GfK befragten Bürger ihre Fahrzeuge noch länger behalten, berichtet Stöckle. Hauptgrund seien nicht nur die hohen Anschaffungskosten sondern auch ein bewusstes Warten auf Innovationen. Diese biete die Industrie aber nur zögerlich an.

Bei Konsumelektronik, etwa bei Fernsehern, fehle eine Skala für die Energieeffizienz als Orientierungshilfe, kritisiert Stöckle. Zudem führe der Trend zu immer größeren Flachbildschirmen. Von 2006 auf 2007 sei der Stromverbrauch der in Deutschland verkauften TV-Geräte um mehr als ein Fünftel gestiegen.

Lichtblicke kann die Tagung nur wenige präsentieren. So lobt zwar Kurt-Ludwig Gutberlet, Chef des Hausgeräteherstellers Bosch-Siemens, die modernen Kühlgeräte, die binnen 15 Jahren ihren Stromverbrauch mehr als halbiert hätten. Doch haben diese auch ihren Preis, weswegen viele Kunden die höchste Effizienzklasse verschmähen. Im Schnitt fast 17 Jahre alt sind die 19 Millionen Gefriergeräte in deutschen Haushalten, 14,6 Jahre die 42 Millionen Kühlschränke. Aber eine Anschaffung neuer Geräte armortisiere sich bei den heutigen Energiepreisen erst in etwa zehn Jahren – und das dauere Kunden zu lang, weiß Gutberlet. „Der Verbraucher ist für Klimaschutz, aber nicht bereit, dafür in die Tasche zu greifen.“

Gutberlet hofft daher auf staatliche Verkaufshilfen und verspricht aggressive Werbung, die Sparpotenziale vorrechnet. Dazu raten die Experten ohnehin. „Das Argument klimafreundlich greift erst, wenn es sich für den Verbraucher rechnet“, betont Stöckle. Dann aber sei Nachfrage gewiss, ergänzt Bachl. Ein Viertel der Kunden bilde die „Konsumelite“, die die Bereitschaft zum klimafreundlichen Konsum habe – und das Geld. Weitere knapp 50 Prozent könnten von so einem Trend mitgerissen werden. „Durch gezieltes Marketing ist die Trendwende machbar“, sagt Stöckle. Thomas Magenheim

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