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Klimaschutz in den USA: Industrie schwenkt auf die grüne Welle

Amerikanische Unternehmen entdecken den Umweltschutz als Geschäftsfeld. Nach dem Umschwenken von Präsident Bush wittern auch industrielle Schwergewichte saftige Margen bei der Verringerung des CO2-Ausstoßes.

Washington - Mancher US-Vorstandschef dürfte diesmal etwas genauer hingehört haben, als Präsident George W. Bush unlängst seine Rede zur Lage der Nation hielt. Aber nicht der Konjunktur galt das Interesse, sondern was der Mann im Weißen Haus zum Klimaschutz sagte. Zehn führende Unternehmen, darunter Schwergewichte wie DuPont und General Electric, hatten kurz zuvor massiv den Druck auf die Regierung erhöht und konkrete Schritte gegen die globale Erwärmung verlangt - in ungewöhnlicher Allianz mit Umweltverbänden. Die Konzerne sind dabei nicht nur auf Imagepunkte beim Verbraucher aus: Auch scheinen sie sich rechtzeitig positionieren zu wollen, wenn sich langfristig der Wind in der US-Klimapolitik dreht.

Unternehmenschefs und Öko-Verbände waren vor der Bush-Rede mit klaren Vorstellungen nach Washington gereist: Als "Partnerschaft Klimaaktion" (USCAP) verlangten sie unter anderem eine Verringerung der Treibhausgase auf 60 bis 80 Prozent des derzeitigen Werts bis zum Jahr 2050. "Wir hatten einige Erfolge mit freiwilligen Regeln, aber das ist nicht genug", sagt Lew Hay, Chef des Energiekonzerns FPL. "Die USA sind ökonomisch und technologisch führend. Wir müssen uns hier an die Spitze der Bewegung stellen", fordert gar der Vorstandschef des Versorgers PG&E Corporation, Peter Darbee. Und: "Je schneller wir handeln, desto mehr Lösungsoptionen, geringere Kosten und weniger Ungewissheit über die Klimaentwicklung haben wir."

Die USA produzieren ein Viertel der Treibhausgase weltweit, die für die globale Erwärmung verantwortlich gemacht werden. Mit fünf Prozent der Weltbevölkerung verbrauchen die Amerikaner 25 Prozent des Öls. Die US-Klimapolitik indes ist nicht mehr als Stückwerk, freiwillige Maßnahmen beherrschen das Bild, während Bush das Kyoto-Protokoll zur Eindämmung der Treibhausemissionen ablehnt. In seiner Rede an die Nation räumte er immerhin ein, es gebe "ernsthafte Herausforderungen" durch die globale Erwärmung. Für einen Wandel in Bushs Klimapolitik halten Fachleute das aber beileibe nicht.

Klimaschutz nicht aus Selbstlosigkeit

Eine ganze Reihe US-Unternehmen verfolgt den Klimaschutz inzwischen auf eigene Faust. 2005 kündigte der weltgrößte Konzern General Electric eine Reduzierung seiner Treibhausemissionen bis 2012 um ein Prozent an. Bis 2010 will das Unternehmen 1,5 Milliarden Dollar in Wind- und Wasserenergie stecken. Dass sich umweltbewusste Vorstände in amerikanischen Unternehmen aber über Nacht in selbstlose Gutmenschen verwandelt haben, glaubt niemand.

"Es gibt einige triftige Gründe, weshalb US-Firmen jetzt handeln wollen", schreibt das Magazin "Economist". Immer deutlicher werde, dass auch in den USA gesetzliche Vorschriften auf Bundesebene über den Ausstoß von Treibhausgasen kommen werden. Die Demokraten, die inzwischen den US-Kongress beherrschen, machen Druck. Das Oberste Gericht der USA beschäftigt sich erstmals mit einem Rechtsfall um die globale Erwärmung. Einer Umfrage zufolge erwartet ein Großteil der Top-Manager von Stromerzeugern bindende Vorschriften.

Unternehmen suchen frühzeitig Informationen

Entsprechend wollen die Unternehmen mit am Tisch sitzen, wenn über künftige Regularien entschieden wird. "Frühzeitig mit einem vorhersagbaren System zu tun zu haben, würde den Firmen erlauben, informierte Entscheidungen über langfristige Projekte wie Fabriken oder Kraftwerke zu treffen", befindet der "Economist". Und da sind noch die Milliardensummen, die, wie bei General Electric, in Forschung und Entwicklung alternativer Energieformen stecken.

Ambitionierte Vorstöße zu einer neuen Klimapolitik haben nach Einschätzung von Umweltexperten mit Bushs Rede zur Lage der Nation vom Dienstag jedoch vorläufig einen Dämpfer erhalten. Eine Verringerung des Benzinverbrauchs um 20 Prozent in zehn Jahren hatte der Präsident in der Hauptsache angeregt. Das aber sei nur ein "kleiner Schritt", kritisiert die Präsidentin des angesehenen Pew Centers für Klimawandel in Washington, Eileen Claussen. (Von Frank Brandmaier, dpa)

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