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Ein Staubsauger auf einem roten Teppich

© dpa

Klimaschutz in der EU: Wenn Brüssel richtig viel Staub aufwirbelt

Die Europäische Union zwingt die Verbraucher zu leistungsschwächeren Staubsaugern. Merkwürdig nur, dass immer wieder Haushaltsgeräte für die Klimaschutzziele herhalten müssen - während CO2-Schleudern wie das Auto weitgehend verschont bleiben.

Wenn es um Großes geht, ist den Brüsseler Bürokraten nichts zu klein. Das bekommen die deutschen Verbraucher selbst da zu spüren, wo sie sich besonders sicher fühlen – zu Hause. Erst traf es die Glühbirne, die der Energiesparlampe weichen musste, dann die Wäschetrockner. Stromfressende Modelle dürfen seit Freitag nicht mehr verkauft werden. Dasselbe Schicksal droht im nächsten Jahr den Staubsaugern. Von September 2014 an dürfen keine Geräte mehr verkauft werden, die mehr als 1600 Watt verbrauchen. In einem nächsten Schritt soll die Leistung sogar auf 900 Watt heruntergeschraubt werden. Mit den Verboten will die EU den Stromverbrauch der Haushalte senken.

Auch Backöfen, Herde, Laptops, Ventilatoren, Weinkühlschränke und Dunstabzugshauben stehen auf der schwarzen Liste der Kommission. Beim großen Ziel, dem Klimaschutz, macht Brüssel Ernst. Bis zum Jahr 2020 soll der Energieverbrauch EU-weit um 20 Prozent sinken. Das haben die Staats- und Regierungschefs schon vor Jahren festgelegt. Um dieses Ziel zu erreichen, hat die EU in ihrer Ökodesign-Richtlinie Umweltschädlinge im Haushalt identifiziert, denen der Stecker gezogen werden soll. Aber nicht nur das.

Mit der EU unter der Dusche

Auch wassersparende Duschköpfe will man gerne in der EU vorschreiben – und stößt damit bei deutschen Kommunen auf Widerstand. Weil die Verbraucher hierzulande ohnehin schon am Wasser sparen, müssten die Städte und Gemeinden ihre Leitungen und Kanäle dann noch häufiger durchspülen, um Ablagerungen zu vermeiden. Der Plan sei „nicht nur sinnlos, sondern wird für die Verbraucher auch teuer“, ärgert sich der Hauptgeschäftsführer des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU), Hans-Joachim Reck. Selbst der CSU geht die Einmischung zu weit. „Die Kommission hat unter der Dusche nichts zu suchen“, meint der CSU-Europagruppenchef Markus Ferber.

„Was technisch möglich ist, soll auch auf den Markt kommen“, sagt dagegen Reinhard Hönighaus, Sprecher der EU-Vertretung in Berlin. Merkwürdig nur, dass bestimmte Klimaschädlinge wie das Auto weitgehend verschont bleiben. Obwohl bis zum Jahr 2020 auch 20 Prozent der Treibhausgase eingespart werden sollen, löste die geplante CO2-Regulierung von Neuwagen einen diplomatischen Eklat in Brüssel aus. Von der deutschen Auto-Lobby aufgescheucht, stoppte die Bundesregierung im Sommer die zuvor mühsam von EU-Kommission, Ministerrat und Parlament ausgehandelte Einführung eines CO2-Grenzwertes. Statt der Industrie im Schnitt 95 Gramm pro Kilometer ab 2020 vorzuschreiben, muss nun neu verhandelt werden, das nächste Treffen der Unterhändler von EU-Ministerrat und Europaparlament ist für diesen Dienstag geplant.

Der Einfluss der Auto-Lobby ist groß

Die Bundesregierung will in Brüssel Nachteile von ihrer heimischen Autobranche mit ihren schweren Premium-Karossen abwenden. „Die Lobby der Elektroindustrie hat einen weitaus geringeren Einfluss als die Autoindustrie, die ihre Bedeutung übergroß darstellt und so Druck ausübt“, sagt der Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), Jürgen Resch. Dabei seien Autos im Vergleich zu Elektrogeräten doch eigentlich die viel größeren Energieverbraucher im privaten Haushalt. Die Zeche zahlt am Ende der Verbraucher. „Die Autofahrer werden dazu verleitet, Autos mit einem höheren Verbrauch zu kaufen“, sagt Resch. Und das geht ins Geld. Rund 24 Gramm CO2 pro Kilometer entsprechen einem Liter Benzin auf 100 Kilometern, 26,5 Gramm einem Liter Diesel. Der politische Kurs, Autoherstellern mehr Zeit bei der Umsetzung strengerer Abgasnormen zu gewähren, gehe „auf Kosten der Verbraucher, die bei immer weiter steigenden Spritpreisen mehr denn je auf sparsame Fahrzeuge angewiesen sind“, meint auch der ökologische Verkehrsclub VCD.

Doch auf den Verbraucher kommt es sowieso nicht an, meint Holger Krawinkel, sondern auf die Wirtschaft. Auf die deutsche Wirtschaft, besser gesagt. „Wenn die deutsche Industrie verdient, kommt das. Wenn Absatzverluste drohen, kommt das nicht“, sagt der Energieexperte des Bundesverbands der Verbraucherzentralen zu den Klimaschutzreformen in Brüssel. So hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nicht nur sauberere Autos verhindert, sondern auch eine Verteuerung des Handels mit Emissionszertifikaten, die die deutsche Industrie belastet hätte.

Auch schwächere Sauger können gut sein

So wundert es nicht, dass auch aus der deutschen Elektroindustrie milde Töne kommen, was die geplanten Einschränkungen bei Staubsaugern betrifft. Ab 2017 soll der Stromverbrauch von Neugeräten auf 900 Watt gedeckelt werden. Von „harten Produktanforderungen“ spricht Werner Scholz vom Branchenverband ZVEI, ist aber sicher, dass die „Ingenieurskunst“ der deutschen Firmen, die jedes Jahr über vier Millionen Staubsauger bauen, das hinbekommen wird. Einen „Aufschrei“ gebe es in der Branche nicht, versichert Scholz. Krawinkel wundert das nicht: „Die deutschen Hersteller können dann ihre höherwertigen Geräte absetzen“, sagt der Verbraucherschützer. Für die Hausgerätehersteller sind die neuen, strengen Normen ein willkommenes Verkaufsprogramm.

Auf Kosten der Verbraucher, deren Staubsauger künftig zwar die Umwelt schonen, aber vor hartnäckigem Dreck kapitulieren? „Auch Sauger mit einer Leistung von 1100 oder 1200 Watt können gut sein“, sagt Cecilia Meusel von der Stiftung Warentest. Es komme nicht auf die Wattzahl, sondern auf die Technik, die Düse und den Motor an, tröstet sie die Kunden. Doch die ärgern sich vor allem über die Bevormundung aus Brüssel. So wie der konservative Europapolitiker Herbert Reul: „Die Verbotswut der Kommission muss dringend gebremst werden“, sagte Reul kürzlich der „Bild“.

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