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Wirtschaft: „Klinsmann sollte nicht auf Dauer Bundestrainer bleiben“

Was hat Klinsmann, was die meisten Manager nicht haben? Vor allem Mut.

Was hat Klinsmann, was die meisten Manager nicht haben?

Vor allem Mut. Er hat von anderen Sportarten Innovationen übernommen, die im Fußball nicht üblich waren, und war bereit, mit der Vergangenheit zu brechen. Was er für richtig hält, hat er durchgesetzt, ohne sich von Medien und Establishment beeinflussen zu lassen. Er hat aber auch die Fähigkeit, Niederlagen zu verdauen, und scheint ein exzellenter Motivator und Team-Player zu sein. Er hat es geschafft, dass eine zunächst mittelmäßige Mannschaft an ihre Mission glaubt.

Welche Unternehmen könnte er führen?

Klinsmannsche Methoden lassen sich auf das Management jedes Unternehmens mit exzellenten, aber ineffizient eingesetzten und unterforderten Mitarbeitern anwenden. Es ist eine erfolgsorientierte, kommunikationsstarke Art der Führung, die keine Angst vor morgen kennt, keine Rücksicht auf Besitzstände nimmt und radikale Maßnahmen nicht scheut. Aber natürlich braucht es zur Unternehmensführung zusätzliches fachliches Know-how.

Ist Klinsmanns Marktwert gestiegen?

Ja. Sein Ansehen in Bevölkerung und Fachwelt ist erheblich gestiegen. Das kann er jetzt teurer vermarkten. Ich würde ihm zwar von einem Dauerjob als deutscher Nationaltrainer abraten. Zu seiner Persönlichkeit und Arbeitsweise passen könnte aber, das Projekt Europameisterschaft 2008 mit einer ähnlichen Mannschaft erfolgreich zu managen. Ich glaube nicht, dass er sich auf Dauer mit den deutschen Verhältnissen abfinden könnte und Bundestrainer im konventionellen Sinne sein sollte.

Kann die Politik von Klinsmann lernen?

Bei Politikern sind die gleichen Eigenschaften gefragt wie bei guten Managern. Allerdings mit der zusätzlichen Fähigkeit, Kompromisse zu schließen, ohne die eigenen Grundsätze zu verraten. Man muss die Menschen mitnehmen, auch auf einem unbequemen Weg. Klinsmann hat eine Truppe verwöhnter Jungmillionäre dazu gebracht, sich abzurackern wie nie zuvor. Die Bundeskanzlerin muss ein verwöhntes Volk von 82 Millionen Deutschen dazu bewegen, auf lieb gewonnene Besitzstände zu verzichten und durch harte Arbeit wieder weltweit zur Spitze aufzuschließen.

Was bleibt von dem WM-Ruck, der durch Deutschland gegangen ist?

Hoffentlich bleibt davon ein bisschen. Es war ein Großereignis, das sehr viel Spaß gemacht hat. Spätestens nach den Sommerferien wird die Wirkung aber nachlassen.

Das System Klinsmann hat die Deutschen also nicht verändert?

Nein. Wir hatten doch schon viele nationale Erfolge: Wir sind drei Mal Fußballweltmeister geworden, davon ein Mal in Deutschland, und haben schon zig Olympiasieger und Weltmeister hervorgebracht. Auch die New Economy hat viele begeistert. Aber das verläuft sich.

Interessieren Sie sich für Fußball?

Natürlich! Ich habe mir viele Spiele live angeschaut. In meiner Schulmannschaft war ich Mittelstürmer. Ich weiß, wie es geht; und kann mit links und rechts gleich gut schießen.

Und wer wird Weltmeister?

Italien. 1:0.

Roland Berger (68) ist der bekannteste deutsche Unternehmensberater. Die operative Führung seiner Firma hat er mittlerweile abgegeben. Das Gespräch führte Moritz Döbler

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