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Wirtschaft: Knappe Provisionen sorgen für dicke Luft am Reisehimmel

BERLIN .In Berlin-Charlottenburg probt ein kleines Reisebüro den Aufstand - nicht sonderlich wortstark, aber effektiv.

BERLIN .In Berlin-Charlottenburg probt ein kleines Reisebüro den Aufstand - nicht sonderlich wortstark, aber effektiv.Lufthansa-Tickets für innerdeutsche Flüge gibt es zwar noch immer zu kaufen, aber nur, wenn der Kunde sich partout nicht von einem Konkurrenzangebot überzeugen läßt.Die Lufthansa kürzt die Provisionen, und damit den Gewinn der Reisebüros.Statt bislang neun Prozent sind jetzt nur noch fünf Prozent an einem Ticket zu verdienen.Zu wenig, klagen die Reisebüros, die häufig die Hälfte ihres Gewinns mit Flügen erwirtschaften.

Mit drei Büros in Berlin zählt sich Hartmut Ziegler zu den mittelgroßen Anbietern, jahrelang hat er seinen Kunden die Vorzüge der Lufthansa erläutert.Von einem Tag auf den anderen wird er nicht zum Verfechter von Eurowings, doch er ist ins Grübeln gekommen."Ein Flug unter 1000 DM rechnet sich für uns nicht," sagt Ziegler.Billigtickets stellt er nur noch in der Hoffnung aus, nach dem Billigflug Berlin-München auch die Fernreise nach Australien verkaufen zu können.

Wer effektiv wirtschaften will, muß heute 1,5 bis zwei Mill.DM Umsatz pro Mitarbeiter und Jahr machen, sagt der Bundesverband mittelständische Reiseunternehmer.Ziegler erwirtschaftet solche Summen längst nicht mehr.Und nach dem Vorstoß von Marktführer Lufthansa erwarten er und seine Kollegen, daß andere Airlines bald nachziehen.

Amin Louden empfiehlt deshalb Kunden seines Reisebüros in Berlin-Charlottenburg vor allem Eurowings auf innerdeutschen Flügen.Eine Art Boykott im Sinne der Präsidentin des Bundesverbands mittelständischer Reiseunternehmer, Jutta Zedelmaier.Konkrete Empfehlungen darf sie zwar nicht aussprechen, aber: "Wir rechnen unseren Mitgliedern genau vor, was sie beim Verkauf von Lufthansatickets künftig verdienen und wieviel die Konkurrenz-Airlines zahlen."

Das kann sich nur leisten, wer nicht auf die Lufthansa angewiesen ist.Louden zum Beispiel.Er schickt Kunden auch wieder nach Hause: "Wenn Hochbetrieb ist und der Kunde interessiert sich nur für den Lufthansa-Billigflug Berlin-München für 199 Mark, dann drücke ich ihm die Telefonnummer des Lufthansa-Callcenters in die Hand." Das Verlustrisiko ist gering, denn sein Hauptgeschäft sind Spezialreisen wie "Arabisch in Damaskus" oder Kochkurse für orientalisches Essen in Beirut.Eine sichere Nische, die sich immer mehr Reisebüros suchen, die am reinen Ticketgeschäft nur noch wenig verdienen.

Ein Ticket auszustellen kostet die Reisebüros durchschnittlich 53 DM.Das hat der Bundesverband mitteltständischer Reiseunternehmer errechnet.Bei einem Billigflug bleibt nach dieser Rechnung unter dem Strich nur ein dickes Minus.Große Discounter wie STA Travel nutzen die Möglichkeit, Kosten auf die Kunden zu überwälzen.Nach Tests in Frankfurt, Köln und Heidelberg mit einer "Ticketbesorgungsgebühr" verlangt der Händler ab 1.April deutschlandweit zehn Mark Gebühr.

Kein Modell für jedes Reisebüro, denn der Verdrängungswettbewerb hat schon begonnen: Ein Drittel der unabhängigen Reisebüros wird es in den nächsten drei Jahren nicht mehr geben, schätzt Zedelmaier.Wer Zusatzgebühren verlangt, muß damit rechnen, daß die Kunden zum Reisebüro nebenan gehen.Eine Ausnahme bilden Reisebüros in kleine Ortschaften, dort ist es wahrscheinlich, daß sich die Büros absprechen.Dann zahlt der Kunde beim Billigticket die Bearbeitungsgebühr eben extra.

SIBYLLE HACKEBEIL

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