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Wirtschaft: Koalition uneins über EU-Richtlinie zur Altautoentsorgung

BONN . Im Streit um die geplante EU-Altautorichtlinie hat sich das rot-grüne Bundeskabinett am Mittwoch nicht auf eine gemeinsame Position verständigen können.

BONN . Im Streit um die geplante EU-Altautorichtlinie hat sich das rot-grüne Bundeskabinett am Mittwoch nicht auf eine gemeinsame Position verständigen können. Deutschland wird sich deshalb bei der Abstimmung im EU-Umweltrat an diesem Donnerstag in Luxemburg der Stimme enthalten. Die geplante Regelung sieht vor, daß Autohersteller vom Jahr 2003 an Altautos zurücknehmen und zumindest einen erheblichen Teil der Entsorgungskosten tragen müssen. Die Autohersteller hatten dagegen protestiert. Auch Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) lehnt die Richtlinie in dieser Form als industriefeindlich ab und ging damit auf Konfrontationskurs zu Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne). VW-Chef Ferdinand Piëch hatte mehrfach beim Kanzler interveniert. Trittin verwies hingegen darauf, daß die von der Kommission vorgeschlagene Regelung von der großen Mehrheit der EU-Staaten unterstützt werde und auch Programm-Forderungen von SPD und Grünen entspreche.In der Kabinettssitzung gab es unterschiedliche Einschätzungen über die Auswirkungen der Richtlinie, wurde berichtet. Insbesondere das Kanzleramt, das Wirtschafts- und das Finanzministerium hätten auf die Gefahr erheblicher steuerwirksamer Rückstellungen durch die Automobilindustrie hingewiesen. Das Umweltministerium, dessen Chef Trittin die Beratungen des EU-Umweltrates an diesem Donnerstag leiten wird, habe diese Gefahr bei einer geeigneten nationalen Umsetzung für "durchaus beherrschbar" gehalten. Angesichts dieser Differenzen sei weder Zustimmung noch Ablehnung, sondern nur Stimmenthaltung möglich, wurde betont.Schröder sagte, es gehe um einen Altautobestand von 160 Mill. Fahrzeugen in Europa, davon 40 Prozent Fahrzeuge aus deutscher Produktion. Für die deutsche Autoindustrie und die hier tätigen ausländischen Unternehmen würde sich ein Rückstellungsbedarf von 15 bis 20 Mrd. DM ergeben - eine Summe, die die ausgewiesenen Gewinne ins Minus drücken und damit auch die Auto-Aktienkurse beeinträchtigen würde. Angesichts dieser Lage müsse die Richtlinie überdacht werden. Er sprach sich dafür aus, nur die nach Inkrafttreten der Neuregelung produzierten Fahrzeuge unter die Vorschrift fallen zu lassen. Der Kanzler folgte damit der Forderung der deutschen Autoindustrie.Ob die Richtlinie nun am Donnerstag verabschiedet wird, ist nicht sicher, obwohl die Mehrheit der EU-Staaten dafür war. Wie verlautete, soll Schröder in den vergangenen Tagen in intensiven Kontakten mit seinen Amtskollegen in London und Paris "massiv" versucht haben, die Abstimmung zu verhindern oder erneut zu vertagen. Der Beschluß war bereits im März nach starkem Druck der Automobilindustrie von der deutschen Präsidentschaft verschoben worden. Bonn hatte sich für eine "weichere" Regelung eingesetzt: eine freiwillige Selbstverpflichtung der Hersteller zur kostenlosen Rücknahme der Autos bis zum Alter von zwölf Jahren. Nach der geplanten Richtlinie sollen die Hersteller zur Rücknahme von ausgemusterten Fahrzeugen oder zur Übernahme der Entsorgung verpflichtet werden. Dabei soll es den Mitgliedstaaten aber freigestellt sein, ob die Hersteller die vollen Kosten oder einen "signifikanten Teil" tragen müssen.

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