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Wirtschaft: Kölmel-Brüder bekommen Kinowelt zurück

Sitz des Konzerns wird von München nach Leipzig verlegt

München. Für den insolventen Filmrechtehändler Kinowelt ist die Entscheidung gefallen: Der Konzern soll von den Firmengründern weitergeführt werden. Die Gläubigerbanken entschieden sich am Freitagabend in München nach mehrstündigen Verhandlungen dafür, das Übernahmeangebot der Gründer Michael und Rainer Kölmel anzunehmen. Das Brüderpaar hatte sich mit seinem Angebot über 32 Millionen Euro gegen die Investorengruppe um die Kinowelt-Geschäftsführer Marcus Schöfer und Jerry Payne durchgesetzt.

Ausschlaggebend für die Entscheidung seien die bei den Kölmel-Brüdern „besseren Finanzierungshinweise“ gewesen, hieß es. Die Brüder wollen den Sitz des Medienkonzerns nun von München nach Leipzig verlagern, wie eine Sprecherin dem Tagesspiegel sagte. Davon wären rund 70 Mitarbeiter betroffen, deren Arbeitsplätze nicht garantiert werden könnten.

Hätten sich die Banken nicht auf einen Investor geeinigt, hätte Insolvenzverwalter Wolfgang Ott den Geschäftsbetrieb in den nächsten Tagen schließen müssen. Die Gläubigerbanken haben Kinowelt insgesamt Kredite über eine halbe Milliarde Euro gegeben.

Dem Münchner Treffen waren schwierige Verhandlungen vorausgegangen: Anfang Juli hatte Ott bereits die Übernahme des Kerngeschäfts durch Schöfer und Payne angekündigt. Der Gläubigerausschuss ermächtigte Ott zu einem Vertragsabschluss. Die BHF-Bank, die in dem Ausschuss von ABN Amro und Hypo-Vereinsbank überstimmt worden war, weigerte sich jedoch, die Pfandfreigabe für ihren Anteil am Kinowelt-Vermögen zu erteilen. Der Verkauf war somit blockiert. Damit kam Ex-Unternehmenschef Kölmel wieder ins Spiel. Finanzkreisen zufolge ist eine Verkaufslösung zwar nicht ideal, aber besser als das endgültige Aus der Kinowelt.

Die Gebrüder Kölmel hatten für das Unternehmen im Dezember 2001 Insolvenz beantragen müssen. In der Euphorie des Medienbooms hatten sie sich gewaltig überhoben. Kinowelt ist aber nicht die einzige Filmfirma, die in Schwierigkeiten steckt. Auch Kirch-Media, H5B5 und Helkon Media mussten den Gang zum Insolvenzrichter antreten.

Den Niedergang der glanzvollen Münchner Medienbranche hatte im vergangenen Jahr die Merchandising-Firma EM.TV eingeleitet. Firmengründer Thomas Haffa bezahlte Milliarden für Anteile an der Formel 1 und dem Sesamstraße-Produzenten Jim Henson – und brachte sein Imperium unter der Schuldenlast zum Einsturz. Haffas Nachfolger Werner Klatten stutzt EM.TV nun auf das Kerngeschäft zurecht. Doch die größte Bastion fiel mit dem Insolvenzantrag von Kirch-Media im April. Der Film- und Sportrechtehändler hat auch kleinere Filmfirmen mit ins Verderben gerissen.

Dazu gehören neben Helkon Media auch der Trickfilmproduzent RTV Familiy Entertainment. RTV wurde auch die Insolvenz des Bochumer Koproduktionspartners Phenomedia („Moorhuhn“) zum Verhängnis. Wegen hoher Abschreibungen ist die Medienfirma im ersten Halbjahr tief in die roten Zahlen gerutscht. Vor Steuern und Zinsen sei ein Verlust von voraussichtlich 101 Millionen Euro entstanden, nach einem Gewinn von 1,2 Millionen Euro im Vorjahr, teilte RTV am Freitagabend mit. Auf einer Hauptversammlung am Montag soll darüber entschieden werden, ob das Unternehmen eine Zukunft hat.

Nach gut laufenden Filmfirmen muss man mittlerweile lange suchen: Rechtehändler wie Advanced Medien oder Intertainment sind zwar nicht insolvent, haben ihr eigentliches Geschäft aber so gut wie aufgegeben. Selbst solide Filmwerte wie Constantin, TV Loonland und Internationalmedia haben Probleme. Analysten rechnen damit, dass langfristig höchstens drei bis fünf der ehemals zwei Dutzend Filmfirmen am Neuen Markt überleben werden. Nicole Adolph

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