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Umverteilung des Geldes - wer möchte zuerst?

© dpa

Kolumne: Monolog eines Steuersünders

Die Steuerhinterzieher sagen nicht, was sie wirklich denken. Der Versuch sich in einen Steuersünder hineinzudenken und die Frage zu klären: Sind wir alle Egoisten?

Ihr sagt, ich sei gierig? Unser System beruht auf Gewinnstreben. Nennt das, wie ihr wollt. Aber es ist erfolgreich. Es geht euch gut, besser als anderswo. Habt ihr einmal auf die Migrationsströme geschaut? Fast alle Flüchtlinge wollen dorthin, wo ein System herrscht, das ihr ungerecht und gierig nennt. Die halbe Welt steht Schlange, weil sie unbedingt zu den Gierigen will.

Ihr sagt, dass mein Geld euch gehört. Ihr dürft willkürlich darüber entscheiden, wie viel von meinem ehrlich erarbeiteten Geld ich behalten darf. Jetzt kommt mir bitte nicht mit den Kindertagesstätten. Auch bei niedrigeren Steuersätzen sind Kindertagesstätten möglich. Die Schweiz hat welche. Ich bin für Steuern, ich bin für soziale Maßnahmen, ich bin kein Schwein. Aber ich habe nicht den Eindruck, dass ihr mit meinem Geld sorgsam umgeht.

Wenn Wahlen vor der Tür stehen, verteilen Politiker Geschenke, die ich bezahlen muss und für die sie sich feiern lassen. Ihr wollt eure gut bezahlten Jobs behalten, mit schöner Pension, und dazu braucht ihr mein Geld, mit dem ihr eure Wähler kauft. Nicht ich bin der Räuber, ihr seid es.

Ihr sagt, die starken Schultern sollen mehr tragen, und immer mehr. Immerhin habt ihr begriffen, dass wir es sind, unsere Schultern, auf denen euer Gebäude steht. Wenn wir keine Lust mehr haben, dann gehen nach spätestens 14 Tagen die Lichter aus. Wenn die Tüchtigen, die Glücklichen, die mit besonderen Talenten, die besonders Fleißigen nicht mehr da sind, ist eure Party zu Ende.

Keinen einzigen Euro, den ihr verteilt, habt ihr erwirtschaftet. Ihr seid die Guten, wir sind die Bösen? Wir sind es, die den größten Teil der Zeche bezahlen. Aber ihr lasst euch als Wohltäter feiern.

Recht wird Unrecht, Widerstand zur Pflicht

Ihr sagt, Eigentum sei Diebstahl. Aber ihr wisst genau, dass euer System ohne Eigentum nicht funktioniert, ohne unsere Gier geht es nicht. Wenn ihr anderer Ansicht seid, bitte sehr, verbietet den Reichtum. Das werdet ihr nicht tun, weil ihr wisst, dass es nicht funktioniert. Ihr beschimpft uns, aber ihr wisst, dass ihr uns braucht. Wenn ihr uns allerdings mehr abknöpft, als wir gerade noch akzeptieren können, dann wehren wir uns.

Wo Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht, kennt ihr den Spruch? Und wir halten es für Unrecht, wenn ihr uns, ohne uns auch nur zu fragen, immer mehr von unserem Eigentum wegnehmt. Wir handeln nicht anders als ein Hausbesetzer, der leerstehende Häuser für Unrecht hält. Der bricht auch die Gesetze.

Wir sind Egoisten? Aber sicher. Seid ihr keine? Respekt! Dann fangt bei der nächsten großen Umverteilung doch bei euch selber an.

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