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Wirtschaft: Kommt der Crash auf Raten?

US-Notenbanker Alan Greenspan redet - und schickt die Aktienkurse auf Talfahrt. Deutsche Titel bleiben bislang relativ stabiljhw Die Angst vor dem Oktober hat die Börsen weltweit erfasst.

US-Notenbanker Alan Greenspan redet - und schickt die Aktienkurse auf Talfahrt. Deutsche Titel bleiben bislang relativ stabiljhw

Die Angst vor dem Oktober hat die Börsen weltweit erfasst. Schon ist die Rede von einem Crash auf Raten: Seit einem Zwischenhoch am Donnerstag voriger Woche hat der Deutsche Aktien-Index Dax 4,4 Prozent seines Wertes verloren. Erst schickte US-Notenbankchef Alan Greenspan die Wertpapierkurse am auf Talfahrt. Dann vermiesten überraschend stark anziehende Preise in den USA die Stimmung. Ein weiterer Unsicherheitsfaktor ist der seit Januar stetig steigende Ölpreis, der die Sorge vor Inflation vergrößert.

Die Bank Sarazin & Cie. in Basel vergleicht den Ölpreis-Anstieg in ihrem aktuellen Börsenbericht mit den vier großen Ölkrisen seit 1973. Vor 26 Jahren hatte der Ölpreisanstieg die erste Weltwirtschaftskrise seit den 20er Jahren ausgelöst. Jahrelang waren die Aktienkurse kaum noch geklettert.

Die "türmende Ölpreiswelle" beginne jetzt, Wirkung zu zeigen. Die Bank sieht Anzeichen beginnender Inflation - was sich mit den allgemeinen Erwartungen deckt, die Europäische Zentralbank könnte in den kommenden Monaten den Leitzins erhöhen.

Das wären schlechte Nachrichten für die Aktienkurse. Zum einen würde es für Anleger lukrativer, Geld in festverzinsliche Papiere zu stecken, sobald diese einen höheren Zins bringen. Aktien wären folglich weniger gefragt. Zum anderen drücken höhere Zinsen, die die Konjunktur abkühlen sollen, die Gewinnaussichten der Unternehmen - und drohen den Motor steigender Aktienkurse abzuwürgen. Eine weitere Belastung der europäischen Aktienkurse kommt von der Leitbörse aus den USA. Seit Montag verlor der wichtige Dow-Jones-Index bis Donnerstag fast 500 Punkte. Am Freitag gab der Dow Jones in den ersten Handelsminuten um gut 200 Zähler auf unter 10 100 Punkte nach. Denn US-Notenbankchef Alan Greenspan warnte am Donnerstagabend vor übertrieben hohen Aktienkursen an den amerikanischen Börsen.

Banken sollten sich für einen eventuellen Einbruch an den Aktienmärkten wappnen. Damit wolle er zwar keinen Crash am Aktienmarkt voraussagen, betonte Greenspan, doch ein plötzlicher Vertrauensverlust der Investoren sei von Zeit zu Zeit unausweichlich. Greenspan empfahl Banken, einen Teil des Geldes als Versicherung gegen einen Abschwung des Marktes beiseite zu legen. Analysten interpretierten diese Aussage so, dass er über eine mögliche Blase bei den Aktienpreisen besorgt sei. Immerhin zweifelte Greenspan daran, dass Anleger zurzeit das Risiko der Aktienanlage richtig einschätzen. Greenspan hatte die Börsen im Dezember 1996 schockiert, als er fragte, ob die Aktienkurse in den USA von irrationalem Überschwang beeinflusst würden.

Neben der Äußerung von Greenspan belasteten neue Konjunkturdaten die Börsen. Die Erzeugerpreise in den USA stiegen im September um 1,1 Prozent, wie das US-Arbeitsministerium mitteilte. Das ist die größte Zunahme dieses Indikators seit neun Jahren und mehr als das Doppelte, was Volkswirte erwartet hatten. Sofort stieg die Angst davor, dass die Inflation zurückkehren und die Notenbank den Zins erhöhen könnte.

Bernhard Furrer, Analyst der Bank Sarazin, hob den Einfluss der Wall Street als Leitbörse für die anderen Aktienmärkte hervor. "Historisch gesehen, fallen die Kurse in einer Korrekturphase überall", sagte Furrer. Weil aber die Wirtschaft in Euroland mehr Dynamik entfalte als die in den USA, könne sich die Börse in Europa nun von der Wall Street abkoppeln. Das sei schließlich, erinnert der Experte, eine Grundidee des Euro gewesen. © 1999

jhw

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