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Wirtschaft: Kommunen geben Rechte beim RWE auf

Mehrfachstimmrecht beim Energie-Riesen abgeschafft / Gemeinden fordern DM Ausgleich ESSEN (aho).Die kleine Revolution begann um 13 Uhr 20 am Donnerstag vormittag in der Essener Grugerhalle.

Mehrfachstimmrecht beim Energie-Riesen abgeschafft / Gemeinden fordern DM Ausgleich ESSEN (aho).Die kleine Revolution begann um 13 Uhr 20 am Donnerstag vormittag in der Essener Grugerhalle.Friedel Neuber, Chef der WestLB und Aufsichtsratsvorsitzender des Stromriesen RWE beantragte die Wahl zur Satzungsänderung.Eine Wahl der besonderen Art.Viele RWE-Aktionäre stimmen über ihre eigene Entmachtung ab - das nämlich war der Anlaß für die außerordentliche Hauptversammlung des RWE-Konzerns in Essen.Europas größter Stromriese will ein wenig normaler werden, Städte und Gemeinden sollen dafür ihre Macht in dem Unternehmen abgeben.Bislang verfügten die Kommunen wegen der Mehrfachstimmrechte ihrer Aktien über großen Einfluß.Sie besitzen nur 1,3 Prozent am Grundkapital.Aber weil diese besonderen Namensaktien 20 Stimmen tragen, repräsentieren sie 30,2 Prozent der Stimmen auf einer Hauptversammlung.Daneben gehören ihnen noch sogenannte Stammaktien, so daß sie insgesamt auf über 57 Prozent der Stimmen kommen.Jetzt sollen diese komfortablen Mehrfachstimmen für Städte und Gemeinden wegfallen.Allerdings nicht ohne Entschädigung.1,15 Mrd.DM wollen die Städte haben.Der Deal geschieht nicht ohne Hintersinn.Da sind die klammen Haushaltskassen der Kommunen, die sie mit dem Geldsegen des Stromriesen aufbessern könnten.Außerdem will Bonn mit dem KonTrag-Gesetz das Mehrfachstimmrecht abschaffen.Nur ist unklar, wann das Gesetz verabschiedet wird.RWE-Chef Dietmar Kuhnt hat daher ein einvernehmliches Verfahren ausknobeln lassen.Mit gleich mehreren Vorteilen: Das Unternehmen trägt kaum finanzielle Lasten und vermeidet langwierige juristische Streitereien.Simpel gesagt funktioniert das Verfahren folgendermaßen: Ein Teil der Wertpapierbesitzer, die Vorzugsaktionäre, wandeln ihre Vorzugsaktien in Stammaktien um.Dazu zahlen sie eine Umwandlungsprämie.Mit dem Aufkommen dieser Gelder werden die Kommunen entschädigt.Den Vorzugsaktionären soll der Deal ebenfalls Vorteile bringen.Sie kommen billiger an die Stammaktien.Derzeit beträgt der Unterschied zwischen Vorzugs- und Stammpapieren 16 DM.Die Umwandlungsprämie dürfte unter diesem Betrag liegen.Der genaue Wert soll in einem Bookbuilding-Verfahren ermittelt werden, mindestens aber 8,50 DM betragen.Mit der Abschaffung des Mehrfachstimmrechts erfüllt sich für RWE-Chef Kuhnt ein langgehegter Wunsch.Bereits sein Vorgänger Friedhelm Giske hatte versucht das Privileg der Kommunen abzuschaffen, das noch aus dem Jahre 1924 stammt.Doch Giske scheiterte damals.Inzwischen hat sich der Wind gedreht.RWE ist kein reiner Energiekonzern mehr, sondern tummelt sich auf den Geschäftsfeldern Entsorgung, Maschinenbau, Telekommunikation, Bau oder Mineralölprodukte.Internationale Anleger jedoch investieren nicht so gerne in ein Unternehmen, das noch unter großem öffentlichen Einfluß steht.Nach der Umwandlung der Aktionärsstruktur etwa würde der Rang von RWE im europäischen Aktienindex steigen.Kritik gab es an den Plänen auf der Hauptversammlung kaum.Vertreter der Kleinaktionäre lobten die Maßnahmen ausdrücklich und hofften "auf ein neuen Höhenflug der Aktie".Die Zustimmung drückte sich auch in den Abstimmungsergebnissen aus, die HV billigte die Satzungsänderung mit 96 Prozent der Stimmen.Jetzt muß der Deal freilich noch weitere Hürden meistern - die Ermittlung der Umwandlungsprämie und der Handel mit den Umwandlungsscheinen.Wann die neue Aktienstruktur von RWE endgültig feststeht, ist noch offen.

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