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Wirtschaft: Kommunen prüfen Gang nach Karlsruhe

Das Bundesverfassungsgericht soll die neue Gewerbesteuer stoppen, weil Mieten und Zinsen nicht besteuert werden

Düsseldorf (ke/HB). Das letzte Wort über die Gemeindefinanzreform wird höchstwahrscheinlich in Karlsruhe gesprochen. Nachdem bereits der Berufsverband der freien Berufe (BVB) Verfassungsklage gegen die neue GemeindeWirtschaftsteuer angekündigt hat, gibt es jetzt auch bei Städten und Gemeinden Überlegungen, ein Gesetz auf Grundlage des am Mittwoch vom Bundeskabinett verabschiedeten Entwurfs dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen. „Wir prüfen momentan sehr ernsthaft, ob es verfassungswidrig ist, aus der heutigen Gewerbesteuer die Besteuerung ertragsunabhängiger Elemente herauszunehmen“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Stephan Articus, dem Handelsblatt.

Während sich die Freiberufler gegen die Einbeziehung in die neue Steuer wehren, ist Grundlage für eine mögliche Klage der Kommunen, dass Finanzminister Hans Eichel (SPD) darauf verzichtet hat, ertragsunabhängige Elemente wie Mieten, Zinsen und Leasingraten in die Bemessungsgrundlage der neuen Gemeinde-Wirtschaftsteuer einzubeziehen. Denn obwohl die Eichel-Reform den Kommunen mehr Einnahmen verspricht, sehen die Gemeinden erst in ertragsunabhängigen Elementen die so bitter benötigte Unabhängigkeit von der Konjunktur.

Durch die Herausnahme solcher Komponenten verändere sich die jetzige Gewerbesteuer zu einer reinen Gewinnsteuer, und damit zu einer weiteren Einkommensteuer für die Betriebe, lautet die Argumentation des Städtetags, die von den Kommunalpolitikern in der SPD-Bundestagsfraktion geteilt wird. „Das ist verfassungswidrig“, behauptet etwa der kommunalpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Hans Scheelen. Der Streitpunkt wird auch auf der für den 26. August geplanten Sondersitzung der Fraktion eine wichtige Rolle spielen.

Die Wirtschaft hatte vehement für den jetzigen Eichel-Kurs plädiert, weil sonst auch Firmen zur Steuerzahlung verpflichtet würden, die nur Verluste gemacht haben. Die Kommunen sind sich aber in der Ablehnung der Finanzreform einig. Dies bekräftigten gestern erneut Städtetag sowie Städte- und Gemeindebund in einer gemeinsamen Erklärung: „Die Gewerbesteuer wird nicht reformiert und gestärkt, sondern demontiert und geschwächt.“

Die Chancen einer Verfassungsklage beurteilen Steuerexperten jedoch unterschiedlich. „Nicht jeder Unfug ist gleich verfassungswidrig“, sagte der Mannheimer Steuerrechtler Hans-Wolfgang Arndt. „Eine Klage der Kommunen hat kaum Chancen. Der Gesetzgeber hat bei der Ausgestaltung von Steuergesetzen einen weiten Spielraum.“ Der Steuerrechtler Wolfgang Schön vom Max-Planck-Institut in München hält die neue Gewerbesteuer dagegen für juristisch angreifbarer, seit Eichel die ertragsunabhängigen Elemente verbannt hat. „Das ist zwar wirtschaftspolitisch sinnvoll, aber es stellt sich schon die Frage, was diese Steuer neben der normalen Einkommensteuer noch soll.“

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