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Wirtschaft: Kompromiss im Streit um Langzeitarbeitslose

Kommunen sollen sich künftig um Betreuung kümmern, die Trägerschaft bleibt bei der Bundesanstalt für Arbeit

Berlin (ce/asi/afk). Im Streit um die künftige Betreuung der Langzeitarbeitslosen zeichnet sich eine Einigung ab. Zu Beginn des Vermittlungsverfahrens zwischen Bundestag und Bundesrat haben sich die Bundesanstalt für Arbeit (BA) und die Kommunen mit einem Kompromissangebot in die Debatte eingeschaltet. Die erste Vermittlungsrunde am Donnerstagabend endete mit Kompromisssignalen sowohl aus dem Regierungslager wie von der Opposition. Es wurden zwei Arbeitsgruppen eingesetzt, die sich nun um die Komplexe Arbeitsmarkt und Steuern kümmern sollen. Erste Zwischenergebnisse sollen zur nächsten Sitzung des Vermittlungsausschusses am 26. November vorliegen.

Nach dem Kompromissmodell bei den Langzeitarbeitslosen sollen die Kommunen stärker in die Betreuung der 2,3 Millionen Betroffenen eingebunden sein, als vom Gesetzentwurf der Regierung vorgesehen. „Die Kommunen kommen stärker mit ins Boot“, sagte eine BASprecherin. Die Arbeitsämter sollen zwar die Trägerschaft für das neue Arbeitslosengeld II übernehmen, das bei der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe entsteht. In der Praxis soll die Arbeitsverwaltung in den neuen Job-Centern aber eng mit den Sozialämtern zusammenarbeiten. Während sich die Arbeitsämter um die Vermittlung und die Zahlung des Arbeitslosengelds II kümmern sollen, sollen die Kommunen die soziale Betreuung der Langzeitarbeitslosen übernehmen, etwa die Schuldner- und die Drogenberatung.

Aus dem BA-Vorstand hieß es, die Kommunen sollten sich an den Kosten für die Unterkunft der Arbeitslosen beteiligen. Bisher war nur im Gespräch, dass sie die Berechnung und Auszahlung von Wohngeldleistungen übernehmen. Die Finanzierung würde Städte und Gemeinden nach Informationen des Tagesspiegel mit etwa drei bis vier Milliarden Euro belasten. Beim Städtetag hieß es, dieser Kompromiss werde „keinen Sturm der Entrüstung“ auslösen. Es sei klar, dass es eine Kompensation für die Entlastungen geben müsse, die sich für die Kommunen aus der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe ergeben. Bisher zahlen die Kommunen die Sozialhilfe für die rund 900 000 erwerbsfähigen Sozialhilfeempfänger, die mit der Reform ins Arbeitslosengeld II übergehen sollen. Auch der Städte- und Gemeindebund stimmt dem Kompromissvorschlag zu.

Die Kommunen hoffen mit einem solchen Kompromiss auch, der Union im Vermittlungsausschuss den Wind aus den Segeln nehmen zu können. Denn deren Ausschussvertreter Roland Koch (CDU) wird in den kommenden Wochen sein Modell propagieren, die Verantwortung für Langzeitarbeitslose den Kommunen weiter zu geben. In der Union hat Koch dafür aber keine Mehrheit. Thüringens CDU-Ministerpräsident Dieter Althaus etwa liegt mit seinen Vorstellungen näher bei dem jetzt vorgelegten Kompromissmodell. „Unser Konzept bietet die Möglichkeit, auf eine Verschiebung der Umsatzsteueranteile von den Ländern zum Bund zu verzichten“, sagte der Arbeitsmarktreferent des Gemeindebundes, Uwe Lübking, dem Tagesspiegel. Die Länder wehren sich gegen eine solche Finanzverschiebung. Finanzminister Hans Eichel (SPD) verlangt sie jedoch, weil er der Auffassung ist, dass der Bund für die Übernahme der Leistungen für erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger entschädigt werden muss. In der Bundespolitik stoßen die Pläne auf Zustimmung. Arbeitsämter und Kommunen sollten „auf gleicher Augenhöhe“ zusammenarbeiten, hieß es in der Grünen-Fraktion.

Die BA wird nicht auf einen Schlag die Zahlungen für alle 2,3 Millionen Langzeitarbeitslosen übernehmen. Erst zum 1. Januar 2008 zahlt die Arbeitsverwaltung den Transfer auch für alle erwerbsfähigen Sozialhilfeempfänger. Bis dahin sollen die Kommunen einspringen.

Rot-Grün auf Konsenskurs

Unterdessen kam bei der ersten Runde des Vermittlungsausschusses Rot-Grün der Union entgegen. Im Vermittlungspaket sollen nun auch jene Gesetze mitverhandelt werden, die keine Zustimmung des Bundesrats brauchen. Der Stuttgarter Bundesratsminister Rudolf Köberle (CDU) sagte dem Tagesspiegel, es sei „auch atmosphärisch eine gute Sitzung“ gewesen. Nicht zuletzt bei der umstrittenen Reform der Handwerksordnung kam das Regierungslager entgegen. Diese war von der Koalition in zwei Teile gesplittet worden, wobei ein Teilgesetz zustimmungsbedürftig ist, das andere nicht. Jetzt sollen beide Teile doch zusammen beraten werden. Dabei geht es darum, einerseits Selbstständigkeit im Handwerk bei einfacheren Tätigkeiten auch ohne Gesellenprüfung zu erlauben; andererseits soll in vielen Gewerken der Meisterzwang abgeschafft werden. Die Union sieht hier Änderungsbedarf. Der bayerische Staatskanzleichef Erwin Huber (CSU) sagte, nach der „sachlich konzentrierten“ erste Sitzung sei nun der Bundeskanzler gefordert, in seiner Partei den nötigen „Freiraum für die Verhandlungen zu schaffen“.

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