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Wirtschaft: Konferenz des Europäischen Patentamtes: Ein Grundsatzstreit über die Patentierung von Software

Am Montag wurde in München eine diplomatische Konferenz des Europäischen Patentamtes (Epa) zur Reform des europäischen Patentsystems eröffnet. Streitpunkt ist die Frage, ob in Zukunft Software patentiert werden soll oder nicht.

Am Montag wurde in München eine diplomatische Konferenz des Europäischen Patentamtes (Epa) zur Reform des europäischen Patentsystems eröffnet. Streitpunkt ist die Frage, ob in Zukunft Software patentiert werden soll oder nicht. Während die großen Konzerne darauf dringen, dass ihre Produkte ohne Einschränkung patentierbar sein sollen, fürchten kleine und mittlere Unternehmen, dass sie durch Sperrpatente vom Markt ausgeschlossen werden sollen. Hinter dem Streit um Software steht aber ein gundsätzliches Thema: Tragen Patente zur Dynamik eines Standortes in Zeiten der Globalisierung bei. Oder üben Patente mittlerweile eher eine bremsende Funktion aus.

Bislang ist Software beim Europäischen Patentamt generell nicht patentierbar. Auch wenn diese Einschränkung aufgehoben wird, rechnen die Epa-Experten aber nicht mit einer Flut von Software-Patenten, weil die Anforderungen an eine Erfindung für Computerprogramme in der Regel zu hoch seien. Erfindung wird beim Epa als technische Lösung für ein technisches Problem definiert. Software gilt dagegen als bloße "Kreativschöpfung". Im heutigen Streit geht es folglich darum, ab wann ein neuer Entwicklungsschritt eine Erfindung ist und damit patentierbar wird.

Im vergangenen Frühjahr hat die EU-Kommission eine Harmonisierungsrichtlinie verabschiedet, wonach Software grundsätzlich patentierbar sein soll. Dagegen vertritt das Bundesjustizministerium die Auffassung, Software sei nicht patentierbar und das solle auch künftig so bleiben. Die Befürworter strengerer Patentierungsrichtlinien argumentierten, dass andernfalls technisch aufwendige und teure Innovationen schwerlich zur Marktreife gelangen könnten. Denn erst durch das Recht der zeitlich befristeten exklusiven Vermarktung rechne sich eine Innovation. Die Gegner verstärkter Patentierung sehen darin eher eine Strategie zur Verhinderung von Innovation. Denn das Monopol auf die Nutzung bestimmter Patente, das allenfalls durch teure Lizenzen abgegolten werden kann, verhindere Forschung und Entwicklung. Das behindere zugleich den Marktzutritt von kleinen und mittleren Unternehmen.

Zugleich geht es der diplomatischen Konferenz auch um das Ziel, das Patentamt effektiver zu machen, sagte Konferenzleiter Roland Grossenbacher. Diese "behutsame Modernisierung" sei auch nötig, weil beim Amt derzeit zwei Jahre Arbeitsrückstand aufgelaufen seien, sagte der Präsident des Europäischen Patentamtes Ingo Kober. Ziel sei es, durch eine Vereinfachung der Arbeitsweise die Verfahrensdauern von derzeit im Schnitt vier auf drei Jahre zu drücken. Dazu braucht das Epa dringend mehr Personal. Denn während der Arbeitsaufwand in den letzten Jahren dramatisch gestiegen ist, hat sich die Zahl der Mitarbeiter nur gerinfügigig verändert. Ausgelegt wurde das Amt zur Gründung 1978 auf maximal 30 000 Anträge im Jahr. Im letzten Jahr lagen dem Amt aber 122 000 Patente vor. Mit der bevorstehenden Aufnahme weiterer acht Staaten aus Osteuropa stehen die Zeichen bei der heute aus 20 Mitgliedern bestehenden Organisation mit ihren zwei Milliarden Mark Jahresbudget weiter auf Wachstum. Auch wenn alle Beteiligten mit einem Erfolg der Konferenz rechnen. Der Aussicht, demnächst in Dimensionen von jährlich bis zu 400 000 Patentanträge zu wachsen, wie das heute in Japan oder den USA der Fall sei, sieht Kober jedenfalls "mit Schrecken entgegen". Die Konferenz ist der erste Anlauf zur Modernisierung des europäischen Patentrechtes nach 30 Jahren. Beobachter sind freilich skeptisch, ob es zu einer nennenswerten Reform kommen wird. Die Schwerfälligkeit des europäischen Patentrechtes werde dann auch künftig die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Europa behindern.

tmh, ank

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