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Teilnehmerinnen bei DIVERSITY 2013, dem Kongress des Tagesspiegels und der Charta der Vielfalt, der am Donnerstag in Berlin eröffnet wurde.

© Mike Wolff

Kongress Diversity 2013: Vielfalt lässt sich nicht verordnen

Zum Auftakt des Kongresses "Diversity 2013" im Berliner Verlagshaus des Tagesspiegels ging es darum, wie man Frauen, Alte und Migranten besser in Unternehmen integrieren kann - und warum Firmen selbst ein Interesse daran haben (sollten), das zu tun.

Diversity. Das ist eine dieser Vokabeln aus dem modernen Business-English, von der viele auf Anhieb nicht ganz genau sagen können, was sie bedeutet. Auch Muttersprachler übrigens nicht. Hierzulande wird der Begriff gemeinhin mit „Vielfalt“ übersetzt. Zulässig wäre aber auch „Mannigfaltigkeit“, Ungleichheit“, „Verschiedenheit“, „Reichhaltigkeit“, „Buntheit“ oder „Fülle“. „Das alles verbirgt sich hinter diesem kleinen Wort“, sagte Tagesspiegel-Chefredakteur Stephan-Andreas Casdorff zum Auftakt der Konferenz „DIVERSITY 2013“, die am Donnerstag im Berliner Verlagshaus dieser Zeitung eröffnet wurde.

Co-Gastgeberin Ana-Cristina Grohnert, Vorstandsvorsitzende des Vereins Charta der Vielfalt, sagte, es müsse darum gehen, warum Vielfalt in vielen Bereichen noch nicht als Bereicherung empfunden werde. „Was hält uns auf?“, fragte sie. Wenn sie etwa in Unternehmen die Potenziale ihrer Initiative und des Diversity-Gedankens vorstelle, höre sie immer wieder: Bringt das wirklich etwas? Ist das messbar? Ihre Antwort lautet natürlich: Ja. Daher solle man Vielfalt endlich als Bereicherung anerkennen.

Die Politik immerhin will das verstanden haben, warb Maria Böhmer (CDU) in ihrem Vortrag. Die Staatsministerin im Kanzleramt ist seit 2005 die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration und verwies auf den erst am Mittwoch fertig ausgehandelten Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD. Dort heißt es wörtlich: „Wir begreifen Vielfalt als Chance und werden deshalb die Charta der Vielfalt sowie den ,Diversity’-Gedanken in der Wirtschaft und gemeinsam mit der Wirtschaft weiter stärken.“ Ihr sei die Formulierung „mit der Wirtschaft“ besonders wichtig, sagte Böhmer. Übrigens gelte der Ansatz ausdrücklich auch für Behörden.

Auf dem Kongress DIVERSITY 2013 sprachen Daimlers Personalvorstand Wilfried Porth und die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer.
Auf dem Kongress DIVERSITY 2013 sprachen Daimlers Personalvorstand Wilfried Porth und die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer.

© Mike Wolff

Die designierte Bundesregierung bringt den Vielfalt-Gedanken mit Themen zusammen, die in Unternehmen tatsächlich eine immer größere Rolle spielen (müssen): die demografische Entwicklung und der dadurch bedingte Mangel an Fachkräften. So sprach Böhmer von drei Gruppen, in denen noch „große Qualitätsreserven liegen“: Frauen, ältere Menschen und Migranten.

Als prominentestes Instrument, um Frauen den Aufstieg in verantwortliche Positionen zu ermöglichen, gilt natürlich die Frauenquote oder Geschlechterquote, wie sie jetzt im Koalitionsvertrag genannt wird. Wichtig sei aber auch etwa die angestrebte flexiblere Gestaltung der Elternzeit – übrigens auch für Männer, wie Böhmer betonte.

Bei der Integration der Älteren attestierte sie den Unternehmen, bereits Fortschritte erreicht zu haben. „Früher hat man einem älteren Mitarbeiter nahegelegt zu gehen. Heute versuchen viele Unternehmen, die Arbeitsbedingungen so zu ändern, dass er bleibt.“ Und im Umgang mit Migranten habe sich die Politik bewegt. „Wir haben eines der liberalsten Zuwanderungsgesetze“, sagte Böhmer. Allerdings habe das sich leider noch nicht herumgesprochen. „Jedenfalls müssen wir uns vor Kanada nicht mehr verstecken.“

Als Beispiel nannte sie die Blue-Card-Regelung für qualifizierte Fachkräfte aus dem Nicht-EU-Ausland und die Anerkennung ausländischer Abschlüsse, die nun stetig ausgebaut werde. Die neue Bundesregierung wolle, dass diejenigen, die nach Deutschland kommen, eine Willkommenskultur erleben. „Das lässt sich aber nicht per Knopfdruck verordnen“, sagte Böhmer.

Das bestätigte Wilfried Porth, der als Personalvorstand und Arbeitsdirektor des Daimler-Konzerns mithelfen soll, ein einst urdeutsches Unternehmen internationaler und vielfältiger zu machen. Was die Beteiligung von Frauen angeht, habe Daimler sich schon ehrgeizige Ziele gesetzt. Allerdings sei es auch nicht leicht, Posten mit qualifizierten Bewerberinnen zu besetzen, wenn nur neun Prozent aller Absolventen der klassischen Ingenieurfächer Frauen seien, gab Porth zu bedenken. Leichter tut Daimler sich offenbar mit der Integration ausländischer Mitarbeiter. Im bereits vor 20 Jahren gegründeten „Daimler Türk Treff“ seien zum Beispiel schon 600 Mitarbeiter vernetzt. Und auch die „Gays and Lesbians at Daimler“ (GL@D) seien fest etabliert.

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