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Konjunktur: Abschwung hat auch deutsche Wirtschaft erfasst

Schlechte Nachrichten: Die hiesige Wirtschaft konnte sich nicht von der Schwäche in den USA abkoppeln und Alan Greenspan konstatiert: "Diese Krise ist anders - ein Ereignis, wie es ein- oder zweimal pro Jahrhundert vorkommt".

Der Abschwung hat die Wirtschaft weltweit und in Deutschland erfasst. Die Folgen der Finanzmarktkrise, der hohe Ölpreis und der starke Euro belasten das Wachstum und nähren Sorgen vor einer Rezession. Der ehemalige Chef der US-Notenbank Fed, Alan Greenspan, malt ein dramatisches Bild der weltweiten Bankenkrise, die die Konjunktur in die Misere stürze. "Diese Krise ist anders - ein Ereignis, wie es ein- oder zweimal pro Jahrhundert vorkommt", schrieb Greenspan in einem Beitrag für die "Financial Times". Nach Einschätzung von Volkswirten ist die deutsche Wirtschaft im zweiten Quartal stärker geschrumpft als bisher befürchtet. Experten warnen aber vor übertriebener Schwarzmalerei.

"Die Überraschung der vergangenen Monate ist nicht, dass sich das Wachstum verlangsamt. Sondern dass es überhaupt noch Wachstum gibt", schrieb Greenspan in seinem Beitrag. Er rechne mit weiteren Bankenpleiten. Die Finanzkrise werde erst dann ein Ende finden, wenn sich die Häuserpreise in den USA stabilisierten und die entsprechenden forderungsbesicherten Wertpapiere gestützt werden. Der US-Häusermarkt gilt als Ausgangspunkt der Hypothekenkrise und damit der internationalen Finanzmarktkrise.

Einig sind sich die Experten, dass sich die deutsche Wirtschaft nicht wie zunächst erhofft von der Schwäche in den USA abkoppeln konnte. Im Frühjahr hat die deutsche Wirtschaft geschwächelt. Über die Stärke des Einbruchs gehen die Meinungen auseinander: Die Schätzungen reichen von minus 0,5 bis fast minus 1,0 Prozent. "Der Aufschwung ist definitiv vorbei", sagte Volkswirt Matthias Rubisch von der Commerzbank. "Wir sind vom Abschwung noch weit entfernt", sagte dagegen DIW-Konjunkturchef Christian Dreger in Berlin.

Winterpause am Bau fällt aus wegen mildem Wetter

Das Frühjahr muss nach gängiger Meinung mit den Zahlen vom Jahresbeginn zusammengerechnet werden. Zum Jahresstart war die Wirtschaft zum Vorquartal um 1,5 Prozent gewachsen. Bei dem dicken Plus halfen aber Sonderfaktoren: Das milde Wetter ließ die Winterpause am Bau ausfallen und das Auslaufen steuerlicher Vorteile brachte einen Investitionsschub. Seitdem hat sich die Stimmung bei den Unternehmen verschlechtert und der Industrie sind die Aufträge weggebrochen.

Trotz der jüngsten schwachen Zahlen halten viele Volkswirte noch an ihren Prognosen für 2008 fest. Die meisten rechnen mit einem Wachstum von um die zwei Prozent. "Jetzt schon von vornherein die Krise auszurufen, halte ich für übertrieben", sagte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben im Deutschlandfunk. Die Anpassungsfähigkeit von Unternehmen und Wirtschaftssystemen sei nicht zu unterschätzen.

Wegen des Rückenwinds aus 2007 erwartet der DIHK für dieses Jahr 2,3 Prozent Wachstum. Für 2009 sei jedoch mit einer Abkühlung zu rechnen. "Für das nächste Jahr können wir in der Tat froh sein, wenn wir eine Eins vor dem Komma haben", sagt Wansleben. Auch das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) rechnet laut Konjunkturexperte Udo Ludwig 2008 mit plus 2,3 Prozent und 2009 mit 1,3 Prozent.

Keine Belebung des privaten Konsums in Sicht

"Momentan befinden wir uns am Ende des Aufschwungs, man muss aber keine Sorge haben, dass wir jahrelang in die Rezession rutschen", sagte der Leiter der Konjunkturabteilung des Ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, Kai Carstensen, in München. Von einer Rezession sprechen Volkswirte dann, wenn die Wirtschaft zwei Quartale hintereinander schrumpft. Andere Experten halten das für möglich. "Denkbar ist, dass wir auch zwei negative Quartale hintereinander bekommen", sagte Konjunkturexperte Klaus-Jürgen Gern vom Institut für Weltwirtschaft (IFW) in Kiel. Industrieproduktion und privater Verbrauch hätten sich zuletzt schwächer entwickelt als erwartet.

Die Exporte als wichtiger Antriebsmotor laufen wegen der Nachfrageschwäche in den USA und des starken Euro schlechter. "Deutsche Exporteure stehen aber nach wie vor ganz gut da, weil sie auch Spezialmaschinen ausführen, die nicht so leicht gegen ausländische Konkurrenz eingetauscht werden können", sagte Dreger vom DIW. Eine Belebung des privaten Konsums sei wegen der hohen Inflation nicht in Sicht, allerdings werde die Teuerung in der zweiten Jahreshälfte langsam zurückgehen. "Dadurch wird Kaufkraft frei."

Die sich abzeichnende Konjunkturabkühlung dämpft nach Ansicht der Arbeitgeber den Spielraum für hohe Lohnabschlüsse. Der Präsident der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände (BDA), Dieter Hundt, warnte in der "Bild-Zeitung" vor übermäßigen Lohnerhöhungen in den nächsten Monaten. "Die Verteilungsspielräume werden enger." Überzogene Abschlüsse würden den Abschwung verstärken. Hundt forderte "betriebsindividuelle Lösungen" wie Einmalzahlungen und Sonderleistungen. (mpr/dpa)

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