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Licht am Ende der Röhre. Zwar ist der Maschinenbau, hier ein Hersteller von Antriebswellen aus Carbon, für 2012 skeptisch. Doch insgesamt steht Deutschland gut da.

© dpa

Konjunktur: Deutschland hängt Europa ab

Die Wirtschaft in der EU wird im laufenden Jahr schrumpfen. Deutsche Firmen ignorieren die Krise.

Während die deutschen Unternehmen auf einen raschen Wiederaufstieg der deutschen Wirtschaft hoffen, rutschen die meisten Länder der Euro-Zone immer weiter ab. Die Stimmung der Topmanager besserte sich im Februar den vierten Monat in Folge, wie das Ifo-Institut mitteilte. Zugleich korrigierte die EU-Kommission ihre Wachstumsaussichten für die Währungsunion deutlich nach unten. Von den großen Staaten werde allein Deutschland nennenswert zulegen – allerdings nicht wegen seines Exports, sondern wegen der starken Nachfrage aus dem Inland.

Der Geschäftsklima-Index, den das Ifo-Institut per Umfrage bei 7000 Unternehmen ermittelt, stieg unerwartet deutlich von 108,3 auf 109,6 Punkte. Für die kommenden sechs Monate erwarten die Firmen ebenfalls bessere Geschäfte. „Das zeigt, dass die Schwäche Ende vergangenen Jahres nur ein kurzer Zwischenstopp gewesen ist“, kommentierte Carsten Brzeski von der ING-Bank. Zwischen Oktober und Ende Dezember war die deutsche Wirtschaftsleistung um 0,2 Prozent gegenüber dem Vorquartal gesunken. Die Stimmung verbesserte sich in allen wichtigen Branchen, am stärksten aber in der Bauwirtschaft. Sie profitiert sei geraumer Zeit von der Schuldenkrise und dem starken Zustrom ausländischen Kapitals nach Deutschland.

Die Anzeichen verstärkten sich, dass die Konjunktur nach dem leichten Minus Ende 2011 nun wieder Tritt gefasst habe, sagte Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP). Allerdings bleibe das außenwirtschaftliche Umfeld „schwierig“.

Der Maschinenbau teilt diese Einschätzung. „Wir revidieren unsere Prognose von plus vier Prozent auf null“, sagte Thomas Lindner, Präsident des Maschinenbau-Verbands VDMA. Die Branche, in der hierzulande eine Million Menschen arbeiten, sieht die Unsicherheit in Europa und die abflachende Konjunktur in China als Risiko für das laufende Jahr. Der Maschinenbau sei „nahe an seinem zyklischen Höhepunkt“, urteilte Lindner.

Die jüngste Schwächephase der deutschen Wirtschaft spiegelt sich auch in den Steuereinnahmen des Staates. Bund und Länder nahmen im Januar 0,4 Prozent weniger ein. Das war der erste Rückgang seit Sommer 2010.

Verglichen mit dem Rest des Kontinents steht Deutschland dennoch gut da. Die EU-Kommission traut der Bundesrepublik dieses Jahr ein Wachstum von 0,6 Prozent zu, wie sie in ihrer aktualisierten Prognose am Donnerstag mitteilte. In November war sie noch von 0,8 Prozent ausgegangen. In acht der 17 Euro-Länder halten die Brüsseler Fachleute eine Rezession für wahrscheinlich. Am schlimmsten dürfte es Griechenland (minus 4,4 Prozent) und Portugal (minus 3,3 Prozent) treffen. Aber auch in Spanien und Italien dürfte der Wohlstand in nächster Zeit abnehmen. Im Durchschnitt der gesamten Euro-Zone sei mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 0,3 Prozent zu rechnen, sagte Wirtschafts- und Währungskommissar Olli Rehn.

Gleichwohl sieht der Finne Grund zu Optimismus. Es gebe „Anzeichen einer Stabilisierung“ – der Druck auf den Finanzmärkten lasse nach, viele Reformen seien auf den Weg gebracht. Daher könne Europas Wirtschaft im zweiten Halbjahr wieder wachsen, wenn das Vertrauen zurückkehre und Investitionen wie Verbrauch zulegten. Allerdings könne es auch anders kommen: Im Zug einer Verschärfung der Schuldenkrise könnten Kredite knapp werden und die Binnennachfrage einbrechen. „Dies würde aller Wahrscheinlichkeit eine tiefe und lange Rezession nach sich ziehen“. Mitarbeit: Rolf Obertreis

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