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Konjunktur: Vier Millionen Arbeitslose

Renommierte Wirtschaftsforschungsinstitute korrigieren ihre Wachstumsprognosen noch einmal deutlich nach unten. Aber sie haben die Hoffnung nicht ganz verloren: Schon im zweiten Halbjahr könnte es wieder Lichtblicke geben, erwarten sie

Berlin - Die Schwäche der deutschen Wirtschaft wird immer deutlicher. Sowohl das Hamburgische HWWI-Institut als auch das Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel revidierten am Donnerstag ihre Wachstumsprognosen für das laufende Jahr deutlich nach unten. Sie erwarten nun einen Rückgang des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 3,8 Prozent beziehungsweise 3,7 Prozent – und damit den stärksten Rückgang der Nachkriegszeit. Zum Vergleich: Die Bundesregierung sagt in ihrem Jahreswirtschaftsbericht ein Schrumpfen der Wirtschaftsleistung zwischen 2,25 bis 2,5 Prozent voraus, arbeitet derzeit aber an einer neuen Prognose.

Der Einbruch der Weltkonjunktur sei markanter ausgefallen als erwartet und habe die deutsche Wirtschaft in seinen Sog gezogen, erklärte das IfW. So dürfte die Rezession auch die Zahl der Arbeitslosen schon bald in Richtung vier Millionen treiben, wenn nicht sogar darüber. Nach Einschätzung der Kieler Forscher werden in diesem Abschwung 800 000 Menschen ihren Job verlieren. Das HWWI rechnet mit rund einer Dreiviertel Millionen Arbeitslosen mehr. Der Beschäftigungsaufbau der vergangenen Jahre werde fast vollständig aufgezehrt, und die Zahl der Arbeitslosen dürfte Anfang 2010 über die Vier-Millionen-Marke steigen. Nach Ansicht des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) könnte dies bereits Ende des Jahres geschehen. „Wenn wir die Winterarbeitslosigkeit berücksichtigen, ist es möglich, dass wir die vier Millionen überschreiten“, sagte IAB-Expertin Sabine Klinger. „Ob das bereits zur Bundestagswahl der Fall sein wird, bezweifle ich, weil September und Oktober saisonal bedingt gute Monate sind.“

Unterdessen reißt die Serie von Negativnachrichten nicht ab: Industrie-, Bau- und Energiefirmen stellten im Januar 7,5 Prozent weniger her als im Vormonat. Das ist der größte Rückgang seit der Wiedervereinigung und bereits der fünfte in Folge. Experten befürchten deshalb, die Wirtschaft werde im laufenden Quartal so stark schrumpfen wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Wann es wieder bergauf geht, ist unter Experten umstritten. Während die Kieler IfW-Forscher auch 2010 noch ein Schrumpfen des Bruttoinlandsprodukts um 0,1 Prozent erwarten, sind ihre Hamburger Kollegen vom HWWI etwas optimistischer. Sie gehen davon aus, dass die Wirtschaft bereits in der zweiten Jahreshälfte 2009 Tritt fassen und kommendes Jahr um ein Prozent wachsen wird.

In den nächsten Monaten werde es darauf ankommen, ob die Firmen weitgehend auf Entlassungen verzichten und die Krise stattdessen mit Kurzarbeit überbrücken können. Dann würden auch Einkommen und der Konsum stabil bleiben. „Sollte die Talfahrt jedoch drastischer auf den Arbeitsmarkt durchschlagen, bestünde die Gefahr einer Abwärtsspirale von Beschäftigung, Einkommen und Nachfrage“, warnte das HWWI.ysh/dpa

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