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Konjunktur: Wirtschaft optimistisch wie zuletzt 1990

Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich überraschend stark verbessert. Auch die deutschen Autobauer sind extrem zufrieden.

Berlin - Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich überraschend stark verbessert. Der viel beachtete Geschäftsklimaindex des Münchner Ifo-Instituts legte im Juli so stark zu wie seit der Wiedervereinigung 1990 nicht mehr. „Die deutsche Wirtschaft ist wieder in Partylaune“, sagte Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn am Freitag. Auch die Personalplanungen der Unternehmen seien günstiger als bisher und deuteten auf mehr freie Jobs hin.

Dirk Schlotböller, Konjunkturexperte des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), nannte das Erholungstempo der deutschen Wirtschaft „beeindruckend“. Die Experten rechnen aber damit, dass sich das Tempo in der zweiten Jahreshälfte etwas verlangsamen wird.

Der Ifo-Geschäftsklimaindex legte im Vergleich zum Juni um 4,4 Punkte auf jetzt 106,2 Punkte zu. Vor einem Jahr hatte er noch bei 87,4 Punkten gelegen. Um den Index zu erstellen, befragt Ifo jeden Monat 7000 Unternehmen der Industrie und des Bauhauptgewerbes sowie des Groß- und Einzelhandels nach ihrer gegenwärtigen Geschäftslage und ihren Erwartungen. Aus allen Bereichen kamen diesmal positive Rückmeldungen.

Es habe eine Reihe von Sonderfaktoren gegeben, die zu der positiven Entwicklung geführt hätten, sagte Schlotböller dem Tagesspiegel. In den vergangenen Monaten seien viele Aufträge abgearbeitet worden, die im langen harten Winter aufgeschoben worden waren. Zudem habe es noch Nachholeffekte wegen des starken Konjunktureinbruchs im vergangenen Jahr gegeben. Dass sich die positive Entwicklung in der zweiten Jahreshälfte nicht mit gleicher Intensität fortsetzen werde, sei kein Grund zur Sorge, sagte Schlotböller. Für das Gesamtjahr geht der DIHK nach wie vor von einem Wirtschaftswachstum von 2,3 Prozent aus, die Bundesregierung erwartet 1,4 Prozent.

Es gibt aber auch mahnende Stimmen. „Dieser Anstieg des Geschäftsklimas passt kaum in die Landschaft, die von Skepsis über die US-Konjunktur, Sorgen um die Staatsfinanzen im Euroraum und der Diskussion über den Bankenstresstest beherrscht wird“, schreiben die Analysten der Landesbank Baden-Württemberg. Sorglosigkeit sei das falsche Signal, hieß es auch beim Ifo-Institut. Es lauerten noch viele Gefahren. So hatte US-Notenbankchef Ben Bernanke die Aussichten für die weltgrößte Volkswirtschaft USA als „außergewöhnlich unsicher“ bezeichnet. Eine weltweite Konjunkturabkühlung könnte die Exportnation Deutschland hart treffen.

Derzeit laufen allerdings die Geschäfte etwa in der deutschen Autoindustrie dank der Nachfrage aus dem Ausland wieder glänzend. Der Pkw-Export stieg im ersten Halbjahr um 44 Prozent. „Wir hatten gehofft, dass 2010 der Export wieder anzieht“, sagte Autoverbandspräsident Matthias Wissmann dem Tagesspiegel. „Dass er sich aber so schnell und nachhaltig erholen würde, war selbst im Januar und Februar dieses Jahres noch nicht absehbar.“ Die Pkw-Ausfuhren sollen um ein Fünftel auf mehr als 4,15 Millionen Fahrzeuge steigen. Wichtigster Wachstumstreiber ist China. „Im Gesamtjahr rechnen wir mit einem Plus von 20 Prozent.“

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