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Unscharfer Blick. Viele Unternehmen sind unsicher, wie sich die Euro-Krise im kommenden Jahr auf ihre Geschäfte auswirken wird - allen voran die exportorientierte Wirtschaft.

© dpa

Konjunkturaussichten: EZB-Garantie lässt Unternehmen kalt

Deutsche Firmen blicken skeptisch auf 2013. Schuld daran ist die Euro-Krise. Mehr Arbeitslose soll es aber nicht geben.

Berlin - Die Euro-Schuldenkrise drückt stärker auf die Stimmung in der deutschen Wirtschaft als gedacht. Zwar haben sich die Finanzmärkte in den vergangenen Wochen beruhigt, nachdem EZB-Präsident Mario Draghi angekündigt hatte, die Europäische Zentralbank werde notfalls unbegrenzt Staatsanleihen der Schuldenländer aufkaufen. Für die Unternehmen ändert dies aber offenbar nichts an der Realität. Die Probleme von Griechenland, Spanien oder Italien „sind ja nicht verschwunden“, kommentierte Klaus Wohlrabe, Konjunkturexperte des Münchener Ifo-Instituts, den jüngsten Geschäftklimaindex am Mittwoch.

Das wichtigste deutsche Konjunkturbarometer sank im Oktober den sechsten Monat in Folge. Banken-Volkswirte hatten wegen der stabileren Lage der Finanzmärkte eigentlich mit einer leichten Verbesserung gerechnet. Doch die Mehrheit der 7000 befragten Unternehmen beurteilten ihre aktuelle Geschäftslage deutlich schlechter als im Vormonat. Bei den Erwartungen blieben sie unverändert pessimistisch. Dennoch befürchten die Ökonomen in den kommenden Monaten keine negative Wirtschaftsleistung. „Eine Rezession sehen wir nicht in Deutschland“, sagte Wohlrabe. „Aber es wird ein härteres Winterhalbjahr.“ Damit schließen sich die Münchener der Meinung anderer führender Wirtschaftsforscher und der Bundesregierung an. Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) hatte kürzlich die Wachstumsprognose für das kommende Jahr deutlich von 1,6 auf ein Prozent gesenkt.

Noch vorsichtiger ist der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK). Der Wirtschaftsverband geht auf Grundlage seiner ebenfalls am Mittwoch veröffentlichten Herbstumfrage von einem Plus beim Bruttoinlandsprodukt von 0,7 Prozent aus. Für das Gesamtjahr 2012 rechnet er mit einem Prozent Wachstum. Die Rezession in weiten Teilen Europas und die ungelöste Schuldenkrise in der Euro-Zone bereiten den Angaben zufolge vielen der gut 28 000 befragten Firmen Sorgen.

Nur noch knapp jedes fünfte Unternehmen erwartet demnach, dass die Geschäfte in nächster Zukunft besser laufen. Bei der Umfrage im Frühsommer glaubte das noch jeder vierte befragte Firmenchef. Der Anteil der Unternehmen, die ihre Geschäftserwartung schwächer einschätzen, sprang hingegen von 14 auf 22 Prozent. „Die konjunkturelle Verlangsamung schlägt sich nicht in allen Branchen gleichermaßen nieder“, sagte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben. Vor allem exportorientierte Hersteller von Investitionsgütern, Autos und Chemie zeigten Schwächen. „Allerdings laufen die Inlandsgeschäfte für die meisten Unternehmen weiterhin günstig“, hob der DIHK hervor. „Die Bautätigkeit brummt, Gastgewerbe, Reisevermittler und andere Konsumdienstleister bewerten ihre aktuelle geschäftliche Situation besser denn je.“

Trotz des durchwachsenen Ausblicks planen offenbar viele Unternehmen Neueinstellungen. Verglichen mit einer knappen halben Million im laufenden Jahr dürfte die Zahl mit geschätzten 180 000 zwar deutlich niedriger ausfallen. Doch der Beschäftigungssaldo sinke nicht so stark wie in früheren Umfragen mit vergleichbarem Rückgang der Erwartungen. Dennoch werde die Arbeitslosigkeit nicht weiter sinken. Neueinstellungen würden zunehmend aus der „stillen Reserve“ oder auch aus Zuwanderung gespeist – weil es hierzulande nicht mehr genügend Spezialisten für bestimmte Bereiche gebe. Simon Frost

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