zum Hauptinhalt
290269_0_2d76cb38.jpg

© dpa

Konsumklima: Das Geld sitzt locker

Der Konsumklimaindex legt zu. Die Verbraucher lassen sich von düsteren Arbeitsmarktprognosen die Laune nicht verderben.

Berlin - Die Preise sind stabil, einige sinken sogar, die Zinsen sind so niedrig, dass sich das Sparen kaum lohnt – also kaufen die Menschen ein. Die Aussicht auf ein Ende der wirtschaftlichen Talfahrt hat die Stimmung der Verbraucher in Deutschland weiter aufgehellt. Der Konsumklimaindex der Nürnberger Gesellschaft für Konsumforschung GfK legt wieder etwas stärker zu als noch vor einem Monat. Die Forscher prognostizieren für August einen Wert von 3,5 nach drei Zählern im Juli. „Damit bleibt der Konsum eine wesentliche Stütze der Konjunktur“, urteilen die GfK-Experten. Sie warnen aber auch: Eine dauerhafte Stabilisierung des Konsumklimas hänge vor allem davon ab, wie sich der Arbeitsmarkt in den kommenden Monaten entwickeln wird. „Sollte die Zahl der Arbeitslosen im Spätherbst wieder deutlich steigen, dürfte dies zu einem Belastungstest für die Verbraucherstimmung werden.“

Um das Konsumklima zu ermitteln, befragen die Forscher der GfK im Auftrag der EU-Kommission in Deutschland jeden Monat rund 2000 Verbraucher ab 14 Jahren. Gefragt wird nach den Konjunktur- und Einkommenserwartungen sowie nach der Anschaffungsneigung. Zusammengefasst ergeben die drei Indikatoren den Konsumklimaindex. Die Konjunkturerwartungen haben sich zuletzt weiter verbessert, auch die Einkommenserwartung liege zum ersten Mal seit April 2008 wieder im positiven Bereich, berichten die Konsumforscher. Aber vor allem die Anschaffungsneigung habe sich noch einmal spürbar verbessert. Dafür sorge die rückläufige Inflation.

So fielen beispielsweise die Einfuhrpreise im Juni so stark wie seit gut 22 Jahren nicht mehr. Das Statistische Bundesamt meldete am Montag einen Preisrückgang um durchschnittlich 11,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Vor allem bei Energie und einigen Lebensmitteln seien die Preise stark gesunken. Experten erwarten deshalb für Juli sinkende Lebenshaltungskosten – das hat es seit der Wiedervereinigung noch nie gegeben. Gekauft wird, was das Zuhause komfortabler macht: „Bei den Verbrauchern sind derzeit technische Konsumgüter wie Unterhaltungselektronik und Haushaltsgeräte beliebt“, ermittelte die GfK im Handel. So stiegen zum Beispiel von Januar bis Mai die Verkäufe von Haushaltsgeräten um bis zu 8,6 Prozent deutlich. Der Pkw-Bereich verzeichne derzeit sogar zweistellige Zuwachsraten bei den Neuzulassungen, die allerdings in erster Linie durch die Abwrackprämie konjunkturpolitisch stimuliert seien.

Konjunkturexperten sehen die Lage allerdings nicht ganz so gut gelaunt wie die Verbraucher. „Die Daten sind auf den ersten Blick erstaunlich“, kommentiert Sebastian Wanke von der Dekabank die GfK-Konsumstudie. „Wir befinden uns eigentlich in der tiefsten Rezession in der Geschichte der Bundesrepublik, und gleichzeitig steigt das Konsumklima.“ Wanke warnt, dass die Arbeitslosigkeit weiter steigen werde, und nach der Bundestagswahl höhere Sozialversicherungsbeiträge und eventuell steigende Steuern auf die Bundesbürger zukommen. „Dann werden wir sehen, dass das Vertrauen der Verbraucher nicht mehr trägt.“ Auch Jürgen Michels von der Citigroup mahnt: „Wenn die Arbeitslosigkeit steigt, wird die Konsumstimmung leiden.“

Auch die Bundesregierung reagierte zurückhaltend auf die neuesten Wirtschaftsdaten. Man könne noch nicht mit Gewissheit sagen, ob die konjunkturelle Talfahrt tatsächlich zu Ende und eine „Bodenbildung“ zu erkennen sei oder ob es sich um eine Wellenbewegung handle, sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm am Montag in Berlin. Er fügte hinzu, der Konsum der deutschen Verbraucher sei derzeit eine wichtige Stütze für die Wirtschaft.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false