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Wirtschaft: Kontrolleure auf der Standspur

Was die 830 Mitarbeiter tun, die das Bundesamt für Güterverkehr zur Überwachung der Maut eingestellt hat

Im Streit um den Start der Lkw-Maut rückt das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) immer mehr in den Mittelpunkt. Mehr als 800 zusätzliche Beschäftigte der Behörde müssen wegen der verzögerten Maut-Einführung vorerst andere Tätigkeiten ausüben – und kosten Geld. Für ihre Bezahlung reicht gerade einmal die Vertragsstrafe von 7,5 Millionen Euro aus, die Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) seit Dezember vom Maut-Konsortium kassiert. Darüber hinaus wird das Bundesamt mit zahlreichen Niederlassungen im ganzen Bundesgebiet als geeigneter Betreiber einer Lkw-Vignette genannt.

Die Wiedereinführung der Vignette prüft das Verkehrsministerium als vorübergehende Alternative, falls sich der Start der Maut extrem verzögern oder der Vertrag mit dem Konsortium aus Daimler-Chrysler und Deutscher Telekom sogar gekündigt würde. Eine Entscheidung darüber soll nach Ankündigung von Stolpe Ende Januar fallen. Nach Auskunft seines Ministeriums braucht allerdings auch eine Zwischenlösung mit einer Vignette acht Monate Vorbereitungszeit.

Verkehrspolitiker bezweifeln das. Das Stolpe unterstellte BAG hatte bis August 2003 die Lkw-Vignette verwaltet und abgerechnet. 2002 nahm das Amt so 450 Millionen Euro ein. In Erwartung des vertraglich mit Toll Collect vereinbarten Maut-Starts im September wurde die Vignette für Lkw zu diesem Zeitpunkt eingestellt. Erst durch ein neues Gesetz könnte sie reaktiviert werden.

Das Kölner Amt hatte sich eigentlich auf die Maut-Kontrolle vorbereitet. Von rund 975 neuen Planstellen für das Jahr 2003 waren allein 830 für die neue Abteilung IV „Mautkontrolle und Mautverwaltung“ reserviert. Schon vor einem Jahr arbeiteten laut Geschäftsbericht 312 neue Maut-Mitarbeiter für das BAG. Inzwischen sind die Stellen besetzt. 510 Kontrolleure und 21 Oberkontrolleure verstärken den 280 Mann starken Streifendienst des Amtes auf den Autobahnen. Dienstlich kontrollieren sie jetzt übermüdete Lkw-Fahrer und abgefahrene Reifen.

Geplant war, dass das BAG die Oberaufsicht über das Maut-System haben sollte, alle nicht-hoheitlichen Aufgaben sollten die Betreiber übernehmen. Die rund sechs Millionen Euro zusätzlicher Kosten pro Monat für Personal, Fahrzeuge und Technik wären von den erwarteten 2,8 Milliarden Euro Maut-Einnahmen einbehalten worden. Ende 2004 sollten so rund zwei Milliarden Euro nach Abzug der Entgelte für die Betreiber und der Kosten des Amtes an den Bund abgeliefert werden.

Doch die Abrechnung wird jetzt mager aussehen. Für das laufende Haushaltsjahr dürfte BAG-Präsident Ernst Vorrath seinem Chef Manfred Stolpe sogar eine Rechnung in Millionenhöhe präsentieren – denn Maut-Einnahmen sind 2004 kaum zu erwarten. Vorrath brauchte schon 2002 knapp 108 Millionen Euro, um Personal- und Sachkosten zu bestreiten. Mit den zusätzlichen Maut-Aufgaben kommen 80 Millionen Euro dazu. Auf der Einnahmenseite stehen allenfalls noch 16 Millionen Euro Konzessionsabgaben von Raststätten und Tankstellen längs der Autobahnen. Die abgeschaffte Lkw-Vignette fällt als Einnahmequelle komplett aus. Schon für 2003 dürften die Vignetteneinnahmen wegen des Stopps im August auf maximal 300 Millionen Euro geschrumpft sein.

2002 hatte Vorrath 370 Millionen Euro an Berlin abgeliefert. Am 31. Dezember 2004 wird er wohl 100 Millionen Euro bei Stolpe anfordern. Finanzminister Hans Eichel (SPD) bleibt nur ein Trost: Die meisten neuen BAG-Mitarbeiter wurden schon vorher vom Staat bezahlt. Sie wurden beim so genannten „Personalüberhang“ von Bundeswehr, Bahn, Post und Telekom rekrutiert.

Dieter Fockenbrock

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