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Wirtschaft: Korruption: Schmieriges Geschäft

Für fast alle Wechselfälle des Lebens haben die Deutschen ein Sprichwort parat. "Schmieren und salben hilft allenthalben", ist eines, das deutsche Unternehmen und Politiker gern und oft beherzigen.

Für fast alle Wechselfälle des Lebens haben die Deutschen ein Sprichwort parat. "Schmieren und salben hilft allenthalben", ist eines, das deutsche Unternehmen und Politiker gern und oft beherzigen. Sie haben dabei allerdings weniger die Pflege ihrer Gesundheit als die Pflege ihrer guten Geschäfte im Sinn. Und richten damit beträchtlichen Schaden an. "Das Wirtschaftswachstum in Deutschland könnte einmalig um bis zu vier Prozent höher liegen, wenn die Bestechung ausgemerzt würde", sagt Johann Lambsdorff, Korruptionsforscher an der Universität Göttingen. "Probleme wie Arbeitslosigkeit und Verschuldung wären damit fast im Handumdrehen gelöst", versichert er.

Das ist derzeit nur ein frommer Wunsch. In deutschen Verwaltungen, Großraumbüros und Führungsetagen gehört Bakschisch offenbar zum Alltag. Überall da, wo Staat und Wirtschaft eng miteinander zu tun haben, grassiert die Korruption: bei öffentlichen Bauten, Rohstoff-Förderung oder Rüstungsgeschäften. Immer mehr Staatsanwälte müssen sich mit derartiger Wirtschaftskriminalität befassen. Folge: Auf der internationalen Rangliste der am wenigsten korrupten Länder ist Deutschland auf Platz 20 abgerutscht - hinter Island, Australien und Israel, und nur knapp vor Botswana, Taiwan oder Estland. Vor zwei Jahren kam Deutschland noch auf Platz 14.

Dabei beginnt Korruption nicht erst mit gut gefüllten Kuverts, gefälligen Urlaubsreisen oder Cabrios, mit denen ein Unternehmer sich die Gunst potenzieller Auftraggeber erschleicht. "Organisierte Kriminalität kann sich schon innerhalb einer Firma breit machen", sagt Hansjürgen Elshorst, Geschäftsführer der Anti-Korrputions-Vereinigung Transparency International Deutschland. "Bereits wenn sich Mitarbeiter im Unternehmen selbst belohnen, etwa mit immer üppigeren Dienstreisen, wenden sie ein hohes Maß an krimineller Energie auf." So kann sich eine Kultur firmeninterner Korruption entwickeln. Anfällig für eine solche Selbstbedienungsmentalität sind besonders Unternehmen mit laxer Revision - "sogar große Aktiengesellschaften", weiß Elshorst.

Leiden unter solcher Freibier-Mentalität nur Aktionäre, geht Bestechung im großen Stil meist zu Lasten des Steuerzahlers. Die Bestechungssummen selbst sind noch das kleinere Übel, "mehr als einige zehntausend Euro sind selten im Spiel", sagt Elshorst - etwa für den Sachbearbeiter im Bauamt. Schätzungen zufolge sind zehn Prozent der Auftragssumme der übliche Satz für Raffkes. Nur bei Großprojekten wie Kraftwerken oder Flughäfen gehen die Summen in die Millionen. "Richtig teuer kommen für die Bürger die Folgekosten durch Fehlinvestitionen - etwa wenn eine bestochene Kommune Maschinen einkauft, die zweite Wahl oder gar überflüssig sind", sagt Elshorst. Beispiel Köln: Eine Müllverbrennungsanlage, für die wegen sinkender Abfallmenge gar kein Bedarf bestanden habe, sei dennoch gebaut worden - und nun nicht ausgelastet.

In Zeiten der Globalisierung wird immer deutlicher, was die Bestechungskultur anrichtet. Forscher haben ermittelt, dass Investoren einen Bogen um Länder machen, die für illegales Geben und Nehmen bekannt sind. Folge: "Deutschland gehen so schätzungsweise zehn Milliarden Euro an Direktinvestitionen pro Jahr verloren", hat Wirtschaftsforscher Lambsdorff ausgerechnet.

Nicht nur der Staat, auch Unternehmen versuchen, dem Übel beizukommen. Denn Korruption kostet sie viel Geld und gutes Ansehen. Etwa die Deutsche Bahn AG, die in der Vergangenheit immer wieder durch Korruptionsfälle ins Gerede kam. "Der Vorstand muss den Kampf anstoßen. Sonst ist es schwer, gegen das Übel anzugehen", sagt Margret Suckale, Leiterin der Bahn-Rechtsabteilung. Seit Sommer 2000 können sich Bahn-Mitarbeiter an externe Rechtsanwälte wenden, wenn sie sich strafbar gemacht haben oder von Bestechungsfällen wissen. Und für Posten in den Bereichen Bau oder Beschaffung, die besonders bestechungsgefährdet sind, gibt es nun ein Rotationsprinzip - die Mitarbeiter wechseln regelmäßig, damit sie von Bahn-Auftragnehmern gar nicht erst angefüttert werden können.

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