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Korruption: Siemens-Prüfer beschuldigen Manager

Im Skandal um schwarze Siemens-Kassen haben die Wirtschaftsprüfer der KPMG jede Mitschuld von sich gewiesen und stattdessen ehemalige Siemens-Manager beschuldigt.

„Man hat versucht, uns zu täuschen“, sagte der hochrangige KPMG-Manager Harald von H., der am Mittwoch als Zeuge vor dem Münchner Landgericht auftrat. Der frühere Chef der Telefonsparte ICN, Michael Kutschenreuter, und drei seiner Manager hätten zusammengearbeitet, um Kontrollen zu umgehen, sagte er.

Als Beleg für diese Aussage dient H. eine E-Mail, die KPMG aus dem internen Datenverkehr des Siemens- Konzerns gefischt habe, ohne den Absender zu kennen. „Die KPMG sucht nach glatten Beträgen, bitte nur noch ungerade Summen anweisen“, heißt es in der E-Mail.

Im Jahr 2003 hätten seine Kollegen dubiose Barzahlungen in Höhe von rund vier Millionen Euro nach Nigeria entdeckt, für die es keine Belege gegeben habe, sagte der Wirtschaftsprüfer. Darüber seien nicht nur der frühere Finanzvorstand Heinz-Joachim Neubürger, sondern auch der Prüfungsausschuss des Aufsichtsrates informiert worden.

Neubürger habe sich verbeten, über diesen Vorgang auf den Fluren der Konzernzentrale zu reden, sagte der Zeuge aus. Siemens habe damals Personal abgebaut, und in solchen Situationen stehe die Loyalität von Mitarbeitern in Frage. Bei der Abschlussbesprechung der Bilanzprüfung sei dieser Punkt dann ausgeklammert und „ausnahmsweise“ im kleinen Kreis mit dem zuständigen Siemens-Bereichsvorstand besprochen worden. Die Unterlagen zu diesem Gespräch seien verschwunden. KPMG habe sich mit der Zusage des Siemens-Managements begnügt, dass dem Vorfall nachgegangen werde und derartige Praktiken abgestellt würden, räumte KPMG-Manager H. ein. Das dies nicht der Fall war, hatten die KPMG-Prüfer zunächst nicht gemerkt. Offenbar habe Siemens fortan auf Bargeldtransfers verzichtet und sei auf ein System von Beraterverträgen umgestiegen, sagte H.

Andere Zeugen hatten zuvor ausgesagt, dass die KPMG kritische Prüfer in den eigenen Reihen zurückgepfiffen und dabei mitgeholfen habe, den Vorfall unter den Teppich zu kehren. H. sieht das anders: „Wir haben unsere Pflichten erfüllt“, sagte er. Es habe auch keinerlei Weisung seitens Siemens gegeben, etwaige Unregelmäßigkeiten zu übersehen. Im April 2006 seien die Prüfer auf dubiose Provisionszahlungen im Umfang von 100 Millionen Euro gestoßen, die über die Schweiz abgewickelt wurden. Nähere Auskünfte dazu habe der Konzern zunächst verweigert. Die KPMG habe die nötigen Informationen aber dann doch aus dem Konzern gezogen. Der Prozess um Deutschlands größten Schmiergeld-Skandal wird am morgigen Freitag fortgesetzt. Angeklagt ist der 57 Jahre alte Reinhard S., der zum Prozessauftakt den Aufbau schwarzer Kassen sowie die Abwicklung dubioser Zahlungen eingeräumt hatte. Dem früheren ICN-Manager wird Untreue in 58 Fällen zur Last gelegt. Zudem ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen rund 300 Beschuldigte, unter anderem gegen Neubürger. (Tsp/tmh)

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