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Wirtschaft: Kostenlos, aber nicht umsonst

Warum sich Unternehmensberatungen darum balgen, Gutes tun zu dürfen und zum Beispiel in der Hartz-Kommission zu helfen

Berlin. Bis zu 3500 Euro am Tag kostet ein Unternehmensberater seinen Auftraggeber. Doch Arbeitsmarktreformer Peter Hartz kommt billiger weg: Jobst Fiedler von der Unternehmensberatung Roland Berger und Peter Kraljic von McKinsey stellen der Hartz-Kommission ihre Zeit und ihr Wissen honorarfrei zur Verfügung.

Nicht nur in der Hartz-Kommission. Auch bei anderen Pro-Bono-Projekten, also Projekten „für das Gute“, arbeiten Unternehmensberatungen und andere Dienstleister kostenlos. Doch den Unternehmen geht es dabei um mehr als nur um die gute Sache. Seit etwa fünf Jahren gehört es für diese Firmen zum guten Stil, das Know-How der Mitarbeiter unbezahlt für soziale Projekte einzusetzen. Laut einer Studie der Kölner Kommunikationsagentur Vis à Vis haben 30 Prozent der Unternehmen solche Freiwilligenprogramme gestartet: McKinsey betreut ehrenamtliche soziale Projekte in der Initiative „Startsocial“. Für die Jugendinitiative „Step 21“ entwickelte die Werbeagentur BBDO eine Werbekampagne, die Unternehmensberater der Boston Consulting Group (BCG) helfen der Deutschen Knochenmark Spenderdatei ohne Bezahlung. Für den World Wildlife Fund entwirft die Werbeagentur Ogilvy& Mather kostenlose Kampagnen.

Davon profitieren auch die Unternehmen. Die BCG glaubt, dass „nur in einer florierenden Marktwirtschaft Bedarf für eine strategische Unternehmensberatung entsteht“. Deshalb hilft das Unternehmen der Universität in Frankfurt (Main), den Verwaltungsapparat effizienter zu gestalten. „Die BCG-Berater haben sich dafür eingesetzt, dass wir international besser wettbewerbsfähig bleiben können“, meint Ralf Breyer, Pressereferent der Universität Frankfurt.

Dazu kommt die Motivation und Fortbildung der eigenen Mitarbeiter. „Bei Pro-Bono-Projekten können Berater ihre Kompetenzen erweitern sowie in neuen Teams und an neuen, sinnhaften Themen arbeiten“, erklärt Kommunikationsberaterin Anika Lietzke von Vis à Vis. „Unsere Kreativen haben bei der Konzeption von kostenlosen Werbekampagnen mehr Freiheiten“, ergänzt Delle Krause, Kreativchef von Ogilvy&Mather. Das Ergebnis sei daher oft besser als bei kommerziellen Aufträgen.

Viele der Pro-Bono-Kampagnen erhalten deshalb Preise, was wiederum dem Image des Unternehmens zugute kommt. Außerdem ergeben sich aus der Zusammenarbeit für die Unternehmen lukrative Kontakte für spätere Projekte. Ein Pro-Bono-Projekt für das Bistum Essen legte beispielsweise für McKinsey eine gute Basis für bezahlte Aufträge der Bistümer Mainz und Osnabrück. Auch bei der Hartz-Kommission spielen solche Überlegungen eine Rolle: Bei der derzeit flauen Konjunktur ist der Beratungsbedarf der Wirtschaft gesunken, der Staat als Auftraggeber dagegen hat bei sinkenden Steuereinnahmen wachsenden Beratungsbedarf. Da kommt es gut an, wenn man sich schon mal kennen gelernt hat – in einer Situation, in der die Beratungsgesellschaften nicht auf den Cent geguckt haben. Und: Bei Projekten, an denen gleich mehrere Unternehmen als Wohltäter auftreten, ergeben sich weitere Kontakte. „Über unser Projekt können beteiligte Unternehmen wie BBDO, Siemens und Bertelsmann ein Netzwerk aufbauen“, glaubt Sonja Lahnstein-Kandel, Geschäftsführerin der Jugendinitiative „Step 21“. Sie versucht, Jugendliche für mehr Toleranz und Verantwortung zu begeistern. Anders als in den USA, in denen die Idee der Arbeit „pro bono“ ihren Ursprung hat, müssen deutsche Organisationen bei den Unternehmen oft als Bittsteller auftreten. „In Amerika gelten Initiativen wie wir als Anbieter. Dort werben viele Unternehmen mit ihren sozialen Aktivitäten“, sagt Lahnstein-Kandel.

Gerade in der jetzigen Flaute nutzen viele Unternehmen die Gelegenheit, Mitarbeiter, die sie nicht verlieren wollen, sinnvoll zu beschäftigen. In Frankreich und Großbritannien werden Organisationen mit gutem Ruf – wie der WWF oder Greenpeace – regelrecht belagert. Und auch bei der Hartz-Kommission räumen die Beratungen unter der Hand ein, dass es dem Ruf der Unternehmen bei anderen öffentlichen Verwaltungen natürlich gut tut, bei dem exklusiven Zirkel dabei zu sein, der die große Arbeitsmarktreform erfinden darf.Susanne Herr

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