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Wirtschaft: Kraft und Nerven

Ein Zweitjob bringt mehr Geld in die Kasse. Birgt aber auch Risiken.

Kellnern, schaupspielern, unterrichten und wieder kellnern – in bis zu fünf Jobs gleichzeitig hat Johanna Schmidt in den vergangenen Jahren gearbeitet. Anders sei in ihrem Metier selten genug Geld zu verdienen, sagt die Schauspielerin. Momentan erschreckt sie in Festanstellung die Besucher einer Berliner Geisterbahn, arbeitet nachmittags in einer Ganztagsschule, spielt Theater und bedient – wenn es die Zeit zulässt – in einer Bar. Von Job zu Job zu hetzen, zehrt an den Kräften und geht an die Nerven:

Auch wenn sie es oft sehr anstrengt, grundsätzlich verbieten kann Johanna Schmidt ihre vielen Jobs niemand: „Wenn die Interessen des Arbeitgebers nicht beeinträchtigt werden, muss er das erlauben“, sagt Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht in Köln. Für die Konkurrenz dürfe ein Angestellter im Normalfall aber nicht tätig sein. Außerdem könnten Chefs einschreiten, wenn ein Nebenjob so sehr an den Kräften zehrt, dass es die Haupttätigkeit einschränkt. Schmidt gab deshalb kürzlich einen Nebenjob als Kellnerin in einem Restaurant auf. Immer mehr Menschen verdienen sich wie Schmidt etwas zu ihrer Haupttätigkeit hinzu. Ende 2012 waren es in Deutschland rund 2,66 Millionen Menschen, wie die Bundesagentur für Arbeit (BA) in Nürnberg am Montag mitteilte. Der Anteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten mit Zweitjob hat sich demnach in den vergangenen zehn Jahren auf 9,1 Prozent verdoppelt. Dabei liegt es laut Oberthür auch in der Verantwortung des Arbeitgebers, das sogenannte Zeitarbeitsgesetz einzuhalten: Kein Arbeitnehmer darf insgesamt mehr als 48 Stunden pro Woche arbeiten.

„Jeder Arbeitgeber muss das überprüfen“, erklärt Oberthür. Macht er das nicht, drohen ihm empfindliche Geldbußen. Grundsätzlich müssten Mehrfachbeschäftigte laut Oberthür zwar zunächst keinem ihrer Arbeitgeber weitere Anstellungsverhältnisse offenlegen. Allerdings könne sie der Arbeitgeber entweder dazu vertraglich verpflichten oder auf eine konkrete Frage eine ehrliche Antwort erwarten.

Auch im Urlaub darf nicht in jedem Fall Geld verdient werden. Nebentätigkeiten in den Ferien sind nach Angaben des Deutschen Industrie- und Handelskammertages verboten, wenn sie der Erholung des Arbeitnehmers im Wege stehen – denn genau dafür ist der Urlaub da. So dürften Büroarbeiter laut Arbeitsgesetz keinen weiteren Bürojob annehmen. Jobben im Biergarten sei in diesem Fall aber erlaubt – die körperliche Anstrengung könne erholend wirken.

Claudia Müller von der Minijobzentrale in Bochum rät, den Haupt-Arbeitgeber immer über einen anstehenden Minijob zu informieren. Ihrer Erfahrung nach stimmen die Arbeitgeber in aller Regel zu. Arbeitnehmer mit einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung dürfen laut Müller nicht mehr als einen Minijob ausüben und in diesem maximal 450 Euro verdienen. Jede weitere Tätigkeit werde mit der Haupttätigkeit verrechnet und versteuert. Für Mehrfachjobber bedeutet das oft hohen bürokratischen Aufwand. „Jede Stelle will tausend Unterlagen“, klagt auch Schauspielerin Schmidt. Sie hofft, dass ein Engagement ihre vielen Nebentätigkeiten bald überflüssig macht. dpa

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