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Wirtschaft: Krankenkassen: Kassenpatienten drohen höhere Beiträge

Den Krankenversicherten in Deutschland drohen Beitragssatz-Steigerungen. Der Grund sind neue Betreuungsprogramme der Krankenkassen, die ab Juli starten sollen.

Den Krankenversicherten in Deutschland drohen Beitragssatz-Steigerungen. Der Grund sind neue Betreuungsprogramme der Krankenkassen, die ab Juli starten sollen. Dies könnten im ungünstigen Fall zu Mehrausgaben von bis zu drei Milliarden Euro führen und zum "Milliardengrab" werden, warnt die Unternehmensberatung McKinsey. Damit wäre das Ziel von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) in Gefahr, die Beiträge stabil zu halten.

Mit den so genannten Disease-Management-Programmen will Ministerin Schmidt die Versorgung von chronisch Kranken verbessern. Denn bislang haben die Krankenkassen keinen wirtschaftlichen Anreiz, für die Betreuung von Asthmatikern oder Diabetikern zusätzliches Geld auszugeben. Der Grund: Sie fürchten, viele solche chronisch Kranken in ihre Versicherung aufnehmen zu müssen - die teuren Behandlungen würden aber ihre Kosten steigern. Die Folge: In Deutschland werden chronisch Kranke schlechter versorgt als in anderen Ländern und oft erst behandelt, wenn es zu spät ist und etwa einem Diabetiker ein Fuß amputiert werden muss. Daher versursachen etwa 20 Prozent der Versicherten rund 80 Prozent der Behandlungskosten.

Das soll sich nach dem Willen von Ministerin Schmidt nun ändern: Kassen, ihren Versicherten eine bessere Behandlung für Asthmatiker, Brustkrebs-Erkrankte, Herzpatienten und Diabetiker anbieten, bekommen nun aus dem so genannten Risikostrukturausgleich (siehe Lexikon ) mehr Geld. Ab Juli sollen die Kassen die neuen Behandlungs-Programme anbieten dürfen. Daran teilnehmen werden ein bis zwei Prozent der Versicherten, schätzen Experten. Derzeit verhandeln Ärzte, Krankenkassen und Krankenhäuser darüber, wer an den Programmen teilnehmen darf. Denn dies ist die entscheidende Frage, warnt Gert G. Wagner, Gesundheitsexperte beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). "Man muss verhindern, dass die Kassen zu viele Patienten in die Programme aufnehmen. Denn die Kassen wollen möglichst viele Menschen anwerben, damit sie mehr Geld aus dem Finanzausgleich bekommen."

Davor warnt nun auch die Unternehmensberatung McKinsey. "Im ungünstigen Fall könnten die Kosten für Disease-Management-Programme zu Beitragssteigerungen von 0,3 Prozentpunkten führen", sagt Alin Adomeit, Gesundheitsexpertin des Unternehmens. Ein solches Risiko bestehe, wenn zu viele Menschen an den Programmen teilnähmen, auch solche, die nicht unbedingt von der besseren Behandlung profitierten. "Nehmen zu viele Versicherte teil, ist die wirksame Umsetzung gefährdet, und der Nutzen wäre gering", erklärte Adomeit. Zudem müsse der Gesetzgeber verhindern, dass die Kassen "Pseudo-Programme", die nicht zu sinkenden Ausgaben führen. Falsch gestaltete Programme drohten zum "Milliardengrab" zu werden, deshalb müssten sie überwacht werden.

Außerdem müsse sichergestellt sein, dass die Ärzte ihre Patienten dazu bewegen, auch an den Behandlungen teilzunehmen. "Die Ärzte sind das Bindeglied zum Patienten", sagt McKinsey-Fachfrau Adomeit. Nur wenn sie mitarbeiteten, könne es zu Einsparungen kommen. Diese liegen McKinsey zufolge im günstigsten Fall bei 0,1 Beitragspunkten. Ministerin Schmidt hofft, dass die Programme mittelfristg Geld im Gesundheitssystem sparen.

Das Bundesgesundheitsministerium wies Befürchtungen zurück, die Beiträge könnten steigen. "Es werden nur Patienten teilnehmen, die auch ein Interesse an einer besseren Behandlung haben", sagte eine Sprecherin. Außerdem würden die Kassen und die Programme vom Start an ständig von Experten überwacht. "Wir gehen davon aus, dass es keine Probleme gibt", hieß es.

brö, fw

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