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Altersvorsorge: Reicht das Geld nach dem Berufsleben?

© dpa

Krankenkassen warnen: Gröhes Reformen kosten Milliarden

Die Vorhaben des Gesundheitsministers kämen die Beitragszahler teuer zu stehen, warnen die Betriebskrankenkassen - und drohen mit höheren Beiträgen.

Die drei großen aktuellen Gesetzesvorhaben des Gesundheitsministeriums werden die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) im nächsten Jahr rund eine Milliarde Euro kosten. Diese Rechnung hat der Dachverband der Betriebskrankenkassen (BKK) aufgemacht.

Bezogen auf die Versicherten bedeute dies, dass sie nur wegen Versorgungsstärkungsgesetz, Krankenhausreform und Präventionsgesetz eine Steigerung ihres Zusatzbeitrages von derzeit 0,9 auf 1,3 Prozent zu verkraften hätten, sagte BKK-Vorstand Franz Knieps. Und im Folgejahr müsse der Zusatzbeitrag wegen der Reformvorhaben von Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) sogar auf 1,5 Prozent klettern. Für 2017 sei aufgrund der neuen Gesetze nämlich mit Mehrkosten von 1,9 Milliarden Euro zu rechnen.

Lauterbach: Auch Ersparnisse gegenrechnen

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach äußerte Zweifel an dieser Berechnung. Sie sei „zu negativ“, sagte er dem Tagesspiegel. Zwar habe allein der Feinschliff am Versorgungsstärkungsgesetz, das den Bundestag in der zweiten Juniwoche passieren soll, nochmal Mehrkosten in dreistelliger Millionenhöhe verursacht. Doch um die finanziellen Folgen exakt beziffern zu können, müsse man auch Ersparnisse gegenrechnen.

Die Reformen kosteten vor allem in der Anfangsphase, sagte Lauterbach. Aufs Ganze gesehen werde das System dadurch aber moderner und kostengünstiger.

So verschlinge die Stärkung der ambulanten Versorgung in den Universitätskliniken zunächst viel Geld, räumte Lauterbach ein. Am Ende spare man jedoch, wenn sich dadurch die Zahl der stationären Behandlungen verringere. Ähnlich verhalte es sich mit dem Anspruch der Patienten, sich vor planbaren Eingriffen etwa an Knien oder Hüfte eine ärztliche Zweitmeinung einzuholen. Dafür müssten die Kassen zunächst zwar zahlen. Unterm Strich ersparten sie sich und den Patienten dadurch aber unnötige und teure Eingriffe.

Krankenhäuser haben noch nicht genug

Allerdings könnte es für die Beitragszahler an anderer Stelle auch deutlich teurer werden. So rechnen Experten damit, dass die Koalition bei der Klinikreform gegenüber dem, was Gröhe im Juni durchs Kabinett bringen will, finanziell noch ordentlich zubuttern muss.

Ausgerechnet im Wahljahr 2017 nämlich würden die Kliniken den Plänen zufolge ihren jährlichen Versorgungszuschlag von 500 Millionen Euro entzogen bekommen, den ihnen die Politik 2013 als Ausgleich für Tarifsteigerungen gegönnt hatte. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft hat bereits klar gemacht, dass sie sich das nicht bieten lassen will. Die Politik werde sich, so sie dabei bleibe, „warm anziehen müssen“, drohte Hauptgeschäftsführer Georg Baum.

Betriebskrankenkassen fordern besseren Ausgleich

Der BKK-Verband nimmt die befürchteten Kostensteigerungen jedenfalls zum Anlass für weitergehendere Forderungen. Die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds reichten nicht mehr, sagt Knieps. Zudem sei das „unausgewogene Finanzausgleichssystem“ anzugehen.

Bei dem Ausgleich müsse die unterschiedliche Versorgungsstruktur in Ballungsräumen und auf dem Land künftig ebenso Berücksichtigung finden wie die unterschiedliche Belastung durch Krankengeld-Zahlungen, sagte der frühere Abteilungsleiter im Gesundheitsministerium.

Versicherer zahlen immer mehr Krankengeld

Tatsächlich wird das Krankengeld für die Kassen ein immer gewichtigerer Posten. So stieg der Anteil der Erkrankungen mit mehr als sechswöchiger Dauer in den vergangenen zehn Jahren von 41 auf 46 Prozent. Betrug der Jahresdurchschnitt der Krankengeldbezieher im vergangenen Jahr noch 1,08 Millionen Menschen, waren es im März 2015 bereits 1,28 Millionen.

Besonders ächzen darunter naturgemäß die Versicherer mit vielen besser Verdienenden, die bei längerer Erkrankung auch Anspruch auf höhere Krankengeld-Zahlungen haben. Die Allgemeinen Ortskrankenkassen dagegen spielen das Problem herunter. „Wir brauchen jetzt beim Risikostrukturausgleich keine Schnellschüsse“, sagte der Vorstandschef des AOK-Bundesverbandes, Jürgen Graalmann, dem Tagesspiegel. Stattdessen rate er „zu einer neuen Gesamtevaluation von unabhängiger wissenschaftlicher Seite“. Nur so erhalte man eine verlässliche Grundlage für politische Entscheidungen.

Die Bundesregierung hat bereits auf die steigende Zahl der Krankengeldbezieher reagiert. Bis zum Sommer 2015 lässt sie dazu ein Sondergutachten erstellen. Momentan bemessen sich die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds zur Hälfte an Alter und Geschlecht und ansonsten an den Ausgaben für krankengeldberechtigte Versicherte – allerdings unabhängig von deren Einkommen.

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