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Krankenversicherung: Basistarif für privat Versicherte floppt

Nur wenige Kunden machen Gebrauch von dem Angebot, das vor überhöhten Beiträgen schützen sollte.

Berlin – Den einen sollte er Sicherheit bringen, den anderen Freiheit. Doch die hohen Erwartungen der Politik hat der Basistarif nicht erfüllt. Seit dem 1. Januar bieten die privaten Krankenversicherungen diesen neuen Tarif an, doch die Nachfrage ist bescheiden. Gerade einmal 1475 Menschen sind bei der Debeka im Basistarif versichert, 1106 bei der Allianz, 725 bei der DKV – macht 3306 Versicherte, die bei den Top Drei der Privatversicherer den Basistarif gewählt haben. Beim Rest der Branche sieht es nicht anders aus. 9800 Kunden im Basistarif zählte der Verband der privaten Krankenversicherung (PKV) am 1. Juli, neue Zahlen hat der Verband noch nicht erhoben.

Das ist weit weniger, als die Politik erwartet hatte. Sie hatte den Versicherern den Basistarif aufs Auge gedrückt. Die Unternehmen hatten dagegen geklagt und vor dem Bundesverfassungsgericht verloren. Der Tarif sollte nach dem Willen der Politik ein Auffangbecken für jene werden, die keine Krankenversicherung hatten. Außerdem sollte er Versicherten, die den Anbieter wechseln wollten, eine Wechselchance ermöglichen. Vom 1. Januar bis zum 30. Juni konnten Privatversicherte kündigen, um in den Basistarif eines Konkurrenten zu gehen. Die Besonderheit: Anders als vor Einführung des Basistarifs können diese Versicherten beim Wechsel zumindest einen Teil ihrer Alterungsrücklagen mitnehmen und so den Beitrag beim neuen Anbieter minimieren.

Jetzt ist das Wechselfenster geschlossen, und das Ergebnis ist mager. Bei der DKV sind bislang gerade einmal zwei, bei der Debeka 16 Menschen von einer anderen Versicherung in ihren Basistarif gewechselt. Im nächsten Jahr könnten es noch mehr werden, weil für viele Verträge eine einjährige Kündigungsfrist gilt. Doch sehr wahrscheinlich ist das nicht. Denn eine Kündigungswelle sehen die Unternehmen bisher nicht. „Wir erwarten keine großen Bewegungen mehr“, sagt Sybille Schneider von der DKV.

Verbraucherschützer wundert das nicht. „Ohne Not geht keiner in den Basistarif“, meint Dörte Elß, Gesundheitsexpertin der Verbraucherzentrale Berlin. 570 Euro kostet die Versicherung im Monat, das entspricht dem Höchstsatz in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Wer einen sozialversicherungspflichtigen Job hat, bekommt vom Arbeitgeber 257 Euro ersetzt, Selbstständige zahlen den Beitrag allein. Für ihr Geld erhalten sie Leistungen wie in der GKV. Wer an Chefarztvisite und Ein-Bett-Zimmer denkt, ist beim Basistarif falsch.

Im Bundesgesundheitsministerium will man dennoch nicht von einem Misserfolg sprechen. „Der Basistarif ist für Menschen gedacht, die unter besonders hohen Belastungen leiden“, sagte eine Sprecherin auf Anfrage. Das seien Menschen ohne Versicherungsschutz sowie Privatversicherte, die hohe Prämien zahlen oder gravierende Leistungsausschlüsse hinnehmen müssten.

Tatsächlich finden sich im Basistarif vier Gruppen: Beamte, die ihre Beihilfe mit einer privaten Krankenversicherungspolice aufstocken, Nicht-Versicherte, die mit dem Basistarif dem seit Januar geltenden Versicherungszwang nachgekommen sind, ältere oder kranke Menschen, die in ihrer bisherigen Versicherung 600 Euro oder mehr im Monat zahlen, und Hartz-IV-Empfänger.

Doch Letztere sind mit dem Basistarif unzufrieden. Zwar halbiert sich der Beitrag im Basistarif bei Bedürftigen, aber das Job-Center zahlt nur 130 Euro Zuschuss. „155 Euro müssen die Menschen selbst aufbringen“, kritisiert Verbraucherschützerin Elß. Klagen gegen diese Praxis sind bei den Gerichten anhängig, erste Landessozialgerichte hätten inzwischen zugunsten der Arbeitslosen entschieden, berichtet die Gesundheitsexpertin.

Privatversicherten, die ihre Beiträge senken wollen, nennt Verbraucherexpertin Elß nicht den Basistarif, sondern Alternativen. „Erhöht die Versicherung die Prämie, kann man in einen anderen, jüngeren Tarif wechseln.“ Man könne auch auf Leistungen verzichten oder einen Selbstbehalt vereinbaren. Der sollte aber nicht über 500 Euro liegen. Heike Jahberg

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